Die Regelungen der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (9.BayIfSMV) zu Kontaktbeschränkungen und der Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, 13 und § 32 S. 1 IfSG sind nach summarischer Prüfung im Rahmen einer Entscheidung nach § 47 Abs. 6 VwGO jeweils verfassungsgemäß. | |
Aktenzeichen & Fundstelle | |
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Az.: BayVGH, Beschl. v. 08.12.2020, 20 NE 20.2461 BeckRS 2020, 34549 |
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A. Orientierungs- oder Leitsatz | |
Die Regelungen der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (9.BayIfSMV) zu Kontaktbeschränkungen und der Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, 13 und § 32 S. 1 IfSG sind nach summarischer Prüfung im Rahmen einer Entscheidung nach § 47 Abs. 6 VwGO jeweils verfassungsgemäß. | |
B. Sachverhalt | |
Das Eilverfahren vor dem BayVGH beruht auf einem zulässigen Antrag gegen die dort geltenden Kontaktbeschränkungen und Untersagung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen. Die Antragstellerin könne ihre beiden Schwestern nicht mehr gleichzeitig sehen. Darüber hinaus betreibt sie ein Beleuchtungsgeschäft, das wirtschaftliche Nachteile durch die Gastronomieschließung erleide. | |
C. Anmerkungen | |
Vorliegend wird hinsichtlich des streitigen Prüfungsmaßstabs der Begründetheit eines Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO eine zweistufige Prüfung vom BayVGH vorgenommen. Auf der ersten Stufe wurden die summarischen Erfolgsaussichten in der Hauptsache untersucht. In einem zweiten Schritt wurde eine Folgenabwägung vorgenommen. An der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen hat der BayVGH keine schwerwiegenden Zweifel. Das IfSG unterliegt im Eilrechtsschutz nur einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Aufgrund der Normverwerfungskompetenz des BVerfG für formelle Gesetze müsste das Gericht bereits im Eilverfahren derart von der Verfassungswidrigkeit überzeugt sein, dass eine konkrete Normkontrolle gerechtfertigt wäre, vgl. Art. 100 Abs. 1 GG. Zu einer derartigen Überzeugung gelangt der VGH nicht. Die materiellen Anforderungen hinsichtlich Parlamentsvorbehalt bzw. Art. 80 GG und Verhältnismäßigkeit erfülle das IfSG mit Blick auf die streitigen Maßnahmen nunmehr spätestens mit dem vom 18.11.2020 neu geschaffenen § 28a IfSG voraussichtlich. Die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe seien unter Gewährung eines ausreichenden Abwägungsspielraums vor dem Hintergrund des Schutzes von Leib und Leben im Rahmen des aufgestellten Prüfungsmaßstabs gerechtfertigt. Die 9.BayIfSMV basiere insoweit auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage. Die formellen und materiellen Anforderungen des GG und des IfSG würden durch die Landesverordnung wohl gewahrt. Die Verordnung sei nach vorläufiger Einschätzung insbesondere inhaltlich durch das IfSG gedeckt, verhältnismäßig und im Übrigen auch bestimmt. Eine Folgenabwägung geht aufgrund der Interessen der Gesamtbevölkerung am Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) zulasten der Antragstellerin aus. Im Ergebnis entscheidet der VGH gegen die Antragstellerin, die Landesverordnung ist somit (zunächst) zu befolgen. Die im Vorfeld viel gescholtene Regelung des § 28a IfSG wird erstmals ausdrücklich als verfassungsgemäß und wirksam befunden. Die hauptsächlich auf Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgebot bezogene Kritik, insbesondere mit Blick auf die Regelungstechnik der Regelbeispiele, konnte sich zumindest im Rahmen eines Eilverfahrens bislang nicht durchsetzen. |
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D. In der Prüfung | |
I. Zulässigkeit, § 47 Abs. 6 VwGO II. Begründetheit, § 47 Abs. 6 VwGO 1. (P) Prüfungsmaßstab 2. Summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache 3. Folgenabwägung |
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E. Zur Vertiefung | |
Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 47 Rn. 152 ff. Zuck/Zuck, Die Rechtsprechung des BVerfG zu Corona-Fällen, NJW 2020, 2302 |
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