1. Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Lärm- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss. 2. Eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien kann nicht mit der Begründung bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baulärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Abrede der Mietvertragsparteien. |
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Az.: BGH VIII ZR 258/19
in: BeckRS 2021, 41081 |
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A. Orientierungs- oder Leitsatz | |
1. Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Lärm- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss. 2. Eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien kann nicht mit der Begründung bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baulärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Abrede der Mietvertragsparteien. |
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B. Sachverhalt | |
Die Klägerin M ist seit 2011 Mieterin einer Wohnung des V. Die Bruttomiete beträgt monatlich 777 EUR. Im November 2017 beginnt der Nachbar auf dem Grundstück gegenüber die bestehende Kleingartenkolonie abzureißen. Stattdessen errichtet er vier unterkellerte Wohngebäude mit je mindestens sechs Etagen, sowie eine Tiefgarage. Bei Vertragsschluss wussten weder M noch V von den Umbauplänen. Aufgrund des daraus resultierenden Baulärms ist M davon überzeugt, sie sei über den betreffenden Zeitraum von sieben Monaten dazu berechtigt gewesen ihre Miete um 30% zu mindern. Sie fordert daher eine Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete iHv 1631,7 EUR. |
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C. Anmerkungen | |
Das LG Berlin hat als Berufungsgericht eine Minderung gem. § 536 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB angenommen. Es stütze dies auf die typischen, auch im Berliner Mietspiegel verankerten, Auswirkungen von Baulärm auf die ortsübliche Miete, aus denen sich eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ergebe. Diese Ansicht teilt der BGH nicht, sodass die Revision des V Erfolg hat. |
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D. In der Prüfung | |
§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB I. Etwas erlangt II. Durch Leistung III. Ohne Rechtsgrund 1. Zahlungspflicht aus dem Mietvertrag, § 535 Abs. 2 BGB 2. Minderung, § 536 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB a. Mangel, § 536 Abs. 1 BGB aa. Beschaffenheitsvereinbarung bb. Übliche vertragliche Eignung |
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E. Literaturhinweise | |
Bühler, Examensrelevantes Wissen zum Leistungsstörungsrecht im Wohnraummietrecht, JA 2021, 366 Henning/Honer, Grundfälle des bürgerlich-rechtlichen Nachbarrechts, JuS 2016, 591 |
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