Ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, kann durch eine Brandlegung auch dann teilweise zerstört werden, wenn die betroffene Wohnung bereits wegen einer vorangegangenen Brandstiftung nicht nutzbar war. | |
Aktenzeichen & Fundstelle | |
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Az.: BGH 3 StR 247/21
in:BeckRS 2021, 28362 |
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A. Orientierungs- oder Leitsatz | |
Ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, kann durch eine Brandlegung auch dann teilweise zerstört werden, wenn die betroffene Wohnung bereits wegen einer vorangegangenen Brandstiftung nicht nutzbar war. | |
B. Sachverhalt | |
Im September 2020 verbrannte A Fotos in seiner Wohnung. Diese verbrannte er in einem Plastikeimer, wobei das Feuer auf den Eimer überging. Löschversuche brachten keinen Erfolg, daher verließ A seine Wohnung. Es entwickelte sich Hitze und Rauch, sodass unter anderem Elektroleitungen in der Wand, Laminatboden und die Küchenzeile der Wohnung zerstört wurden. Daraufhin wurde die Wohnung für unbewohnbar erklärt. Zudem erteilte das Bauordnungsamt eine Nutzungsuntersagung für die weiteren Wohnungen des Gebäudes. Im Oktober suchte A seine Wohnung wieder auf und wollte Suizid begehen, weshalb er die Wohnung in Brand setzte. Hierfür verwendete er Textilien, welche er im Badezimmer anzündete. Die Badezimmertür und Türzagen gerieten in Brand. Auch die Wände und Decken der Wohnung erlitten durch den Ruß und Rauch Schäden. Dadurch war die Wohnung erneut unbewohnbar. Hat sich A wegen schwerer Brandstiftung gem. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht, indem er in seiner Suizidabsicht die Wohnung erneut in Brand setzte? |
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C. Anmerkungen | |
Der BGH bestätigte mit seiner vorliegenden Entscheidung die Verurteilung des A wegen schwerer Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch das Landgericht Krefeld hinsichtlich des zweiten Brandgeschehens. Fraglich war dabei, ob eine Wohnung durch eine wiederholte Brandlegung teilweise zerstört werden kann, obwohl sie bereits wegen einer vorherigen Brandstiftung unbewohnbar und damit nicht nutzbar war. Ein teilweises Zerstören bei einer Brandstiftung i.S.d. § 306a Abs. 1 Alt. 2 StGB liegt bei einem Mehrfamilienhaus grundsätzlich vor, wenn ein zum selbstständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Demnach stellte die bereits unbrauchbare Wohnung ein taugliches Tatobjekt i.S.d. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB dar. Die Nutzbarkeit der Wohnung wurde in weiteren Bestandteilen der Wohnung beeinträchtigt, die zuvor noch nicht betroffen waren, wie beispielsweise die Badezimmertür und weitere Decken. Damit lag eine weitergehende Beeinträchtigung der Sachsubstanz vor, die eigenständig als teilweise Zerstörung des Gebäudes zu werten war. Somit hat sich A wegen schwerer Brandstiftung gem. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. |
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D. In der Prüfung | |
§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tatobjekt: ein Gebäude (P) Ist die Wohnung noch taugliches Tatobjekt? b) Durch Brandlegung teilweise zerstört, § 306a Abs. 1 Alt. 2 c) Kausalität d) Objektive Zurechnung II. Subjektiver Tatbestand III. Rechtswidrigkeit und Schuld |
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E. Literaturhinweise | |
Beukelmann/Heim, Inbrandsetzen einer vorbeschädigten Wohnung, NJW Spezial 2021, 664; zum Tatbestandsmerkmal der teilweisen Zerstörung eines Gebäudes: Heine/Boschin: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 306 Rn. 15ff. | |
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