top of page

Entscheidung der Woche 14-2020 (ZR)

Antonia Hagedorn

Ein Kraftfahrzeughalter kann bei einem Verstoß gegen die Parkordnung des Parkplatzbetreibers auf „erhöhtes Parkentgelt“ haften, wenn er seine Fahrereigenschaft lediglich pauschal bestreitet, dabei jedoch nicht den Fahrer des Fahrzeugs benennt.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH – XII ZR 13/19

in: BeckRS 2019, 35600

NJW 2020, 755

 

A. Orientierungssätze

Ein Kraftfahrzeughalter kann bei einem Verstoß gegen die Parkordnung des Parkplatzbetreibers auf „erhöhtes Parkentgelt“ haften, wenn er seine Fahrereigenschaft lediglich pauschal bestreitet, dabei jedoch nicht den Fahrer des Fahrzeugs benennt.


B. Sachverhalt (verkürzt & vereinfacht)

Die Klägerin betreibt als ein mit der Bewirtschaftung privaten Parkraums befasstes Unternehmen für die jeweiligen Grundstückseigentümer zwei Krankenhausparkplätze. Die Benutzung ist für eine Höchstparkdauer mit Parkscheibe kostenlos. Daneben gibt es durch Schilder gekennzeichnete Flächen, die Krankenhausmitarbeitern mit Parkausweis vorbehalten sind. Den Schildern lässt sich entnehmen, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen ein „erhöhtes Parkentgelt“ i.H.v. mindestens 30€ erhoben wird.

Die Beklagte ist Halterin eines Fahrzeugs, das auf den Parkplätzen unter Überschreitung der Höchstparkdauer sowie unberechtigt auf einem Mitarbeiterparkplatz abgestellt worden ist. Da die am PKW hinterlassenen Aufforderungen zur Zahlung des „erhöhten Parkentgelts“ erfolglos blieben, ermittelte die Klägerin die Beklagte als Fahrzeughalterin und forderte diese zur Zahlung auf. Die Beklagte verweigerte dies unter Hinweis darauf, an den fraglichen Tagen nicht die Fahrerin des PKWs gewesen zu sein.


C. Anmerkungen

Nachdem das Amtsgericht die auf Zahlung der „erhöhten Parkentgelte“ sowie der Kosten der Halteranfragen und Inkassokosten gerichtete Klage abgewiesen hatte, wies auch das Landgericht die hiergegen gerichteten Berufungen der Klägerin zurück. Schuldner des „erhöhten Parkentgelts“ sei nicht der Fahrzeughalter, sondern der Fahrer. Auch habe die Beklagte ihre Fahrereigenschaft wirksam bestritten. Dagegen führte die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Zwischen dem das Fahrzeug abstellenden Fahrzeugführer und dem Betreiber des privaten Parkplatzes kommt ein Nutzungsvertrag zustande. Bei diesem handelt es sich im Falle der unentgeltlichen Bereitstellung des Parkraums um einen Leihvertrag i.S.d. § 598 BGB. Indem der Betreiber die Hinweisschilder aufstellt, wird das „erhöhte Parkentgelt“ wirksam als Vertragsstrafe in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen. Die Festlegung von mindestens 30 € ist auch hinreichend bestimmt und der Höhe nach angemessen.

Zwar ergibt sich eine Haftung der Beklagten für die Vertragsstrafe nicht allein aus ihrer Eigenschaft als Fahrzeughalterin. Jedoch hat sie ihre Fahrereigenschaft nicht wirksam bestritten. Da die Halter- und Fahrereigenschaft in der Realität häufig auseinanderfallen, besteht kein Anscheinsbeweis dafür, dass der Halter eines Fahrzeugs auch dessen Fahrer ist. Jedenfalls im Falle der unentgeltlichen Parkplatzüberlassung genügt ein einfaches Bestreiten des Halters nicht. Er hat i.R. seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen, wer im fraglichen Zeitpunkt der Fahrzeugführer gewesen sein könnte. Für eine solche Beweislastverteilung spricht die Eigenschaft des Parkens auf Privatparkplätzen als anonymes Massengeschäft, die es dem Betreiber nicht ermöglicht, die Identität seines Vertragspartners in Erfahrung zu bringen. Zumindest bei unentgeltlicher Parkplatzüberlassung ist ihm auch nicht zuzumuten, technische Anlagen zur Verhütung des Missbrauchs zur Verfügung zu stellen. Dagegen erscheint es dem Halter möglich und zumutbar, in Betracht kommende Fahrzeugführer zu nennen.

Die Parkfälle sind während des Studiums sowie im Examen von großer Relevanz. Anhand dieser Entscheidung wird ein Augenmerk auf die Beweislastverteilung gelegt. In diesem Zusammenhang könnten prozessuale Aspekte zunehmend an Bedeutung gewinnen.


D. In der Prüfung

A. Anspruch auf Zahlung der „erhöhten Parkentgelte“

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Vertragsschluss

a) Angebot durch Bereitstellung des Parkplatzes

b) Annahme durch Abstellen des Fahrzeugs (P) Fahrzeughalter trifft sekundäre Beweislast für Eigenschaft, nicht -führer zu sein

2. Inhalt des Vertrags

a) Leihvertrag

b) Vertragsstrafe wirksam einbezogen durch AGB

II. Anspruch nicht untergegangen

III. Anspruch durchsetzbar

IV. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

Zu der sekundären Beweislast s. Wöstermann in Saenger ZPO, § 138 Rn. 2ff.;

Zu der Vertragsstrafe aus vertraglicher Abrede s. Gottwald in: MüKo BGB, § 339 Rn. 4ff.

 
Entscheidung-der-Woche-14-2020
.pdf
Download PDF • 142KB

bottom of page