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Entscheidung der Woche 23-2019 (SR)

Klara Stolz

Sachbeschädigung tritt nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz in Form der Konsumtion hinter schweren Bandendiebstahl oder den Wohnungseinbruchsdiebstahl zurück.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH 2 StR 481/17

in: BeckRS 2018, 28869

NStZ 2018, 708-711

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Bei (vollendetem) schwerem Bandendiebstahl gem. §§ 244a Abs. 1, 244 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB oder (vollendetem) Wohnungseinbruchsdiebstahl gem. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB steht eine zugleich begangene Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) stets im Verhältnis der Tateinheit i.S.d. § 52 Abs. 1 StGB. Sie tritt nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz in Form der Konsumtion hinter den schweren Bandendiebstahl oder den Wohnungseinbruchsdiebstahl zurück.


B. Sachverhalt

Die Angeklagten brachen im Zeitraum von April bis Oktober 2016 in wechselnder Besetzung in 19 Fällen im K-Umland in Einfamilienhäuser bzw. Wohnungen ein. Dabei stahlen sie Bargeld, Schmuck und andere Wertgegenstände. In einigen Fällen wurden die Angeklagten bei ihrem Vorgehen gestört oder es gelang ihnen nicht, bestehende Schließvorrichtungen bzw. Zugangshindernisse zu überwinden, so dass sie gezwungen waren, von der Fortführung der Tatbegehung abzusehen. In allen 19 Fällen entstanden durch das gewaltsame Eindringen der Angeklagten an bzw. in den jeweiligen Tatobjekten Sachschäden in unterschiedlichem Ausmaß.


C. Anmerkungen

Zunächst wurde die Ansicht vertreten („Konsumtionslösung“), dass grundsätzlich Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion vorliege, wenn vollendeter Einbruchdiebstahl (in Form des schweren Bandendiebstahls bzw. Wohnungseinbruchsdiebstahls) und Sachbeschädigung zusammentreffen. Danach scheide Gesetzeseinheit zugunsten der Klarstellungsfunktion von Tateinheit nur dann aus, wenn die Sachbeschädigung bei konkreter Betrachtung von dem regelmäßigen Ablauf der Einbruchtat abweiche, von einem eigenen Unrechtsgehalt geprägt sei und sich nicht mehr als typische Begleittat erweise.

Hiervon abweichend entschied der Senat, dass bei (vollendetem) Bandendiebstahl oder (vollendetem) Wohnungseinbruchsdiebstahl eine zugleich begangene Sachbeschädigung stets tateinheitlich gem. § 52 Abs. 1 StGB verwirklicht werde und nicht im Wege der Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion zurückstehe, gleichgültig in welchem Verhältnis der verursachte Sachschaden zu dem Wert der Diebesbeute steht.

Dabei sind Erwägungen gem. § 52 Abs. 1 StGB maßgebend. Danach ist grundsätzlich von Tateinheit auszugehen, wenn dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletzt. Ihre Anwendung setzt voraus, dass der Unrechtsgehalt der strafbaren Handlung durch einen der anwendbaren Straftatbestände bereits erschöpfend erfasst wird. Die Verletzung des durch den Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine Erscheinungsform der Verwirklichung des anderen Tatbestandes sein. Eine Einbruchtat geht jedoch nicht „regelmäßig“ mit einer Sachbeschädigung einher. In rechtlicher Hinsicht setzt die Tathandlungsvariante des Einbrechens eine Substanzverletzung i.S.v. § 303 Abs. 1 StGB nicht voraus. Von einer regelmäßigen „Begleittypik“ der Sachbeschädigung kann daher in einer Reihe von Einbruchkonstellationen nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die tatbestandliche Verwirklichung des § 303 Abs. 1 StGB bei einem Einbruchdiebstahl ist nicht vorgezeichnet, sie hängt vom Einzelfall ab. Auch der Wertungswiderspruch bei einem Vergleich von versuchter und vollendeter Einbruchtat erscheint gravierend. Der Täter, der infolge des Einbruchs einen Sachschaden verursacht, dem anschließend jedoch eine Wegnahme nicht gelingt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH 1 StR 470/00), wegen tateinheitlicher Sachbeschädigung zu verurteilen. Vollendet der Täter hingegen die Wegnahme „mit hinreichender“ Tatbeute, entfällt nach der „Konsumtionslösung“ die Verurteilung wegen Sachbeschädigung. Die Konsumtion führt damit zu dem nicht angemessenen Ergebnis, dass der Täter, der mit der Vollendung der Diebstahlstat sogar zusätzliches Erfolgsunrecht verwirklicht, mit einem – bezogen auf die Sachbeschädigung- weniger umfassenden Schuldspruch belegt würde.


D. Zur Vertiefung

Siehe zu Konkurrenzen im Allgemeinen Rengier, Strafrecht Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 2018, § 56 Rn. 1ff.;

im Speziellen Rengier, Strafrecht Besonderer Teil I, 21. Aufl. 2019, § 4 Rn. 87 m.w.N.

 
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