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Entscheidung der Woche 02-2022 (ZR)

Tim Nix

Die Kosten der Fällung eines – wie hier – morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH VIII ZR 107/20

in: BeckRS 2021, 39627

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Die Kosten der Fällung eines – wie hier – morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV.


B. Sachverhalt

Klägerin ist eine Mieterin, die eine Wohnung auf einem Anwesen einer Wohnungsgenossenschaft – die Beklagte – bewohnt. Die Beklagte veranlasste die Fällung einer 40 Jahre alten Birke, da diese morsch und nicht standsicher war. Die Kosten wurden in der jährlichen Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt. Auf die Klägerin entfielen für die Baumfällung Kosten in Höhe von 415,29 €. Diese Zahlung tilgte die Klägerin unter Vorbehalt.

Mit der Klage fordert die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung der umgelegten Kosten nebst Zinsen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.


C. Anmerkungen

Der BGH klärt in diesem Urteil erstmals höchstrichterlich die Umlagefähigkeit von Kosten bei Baumfällungen. Diese Frage wurde bisher nur in niederen Instanzen und zudem uneinheitlich beantwortet. Entscheidend ist diese Frage in dem vorliegenden Fall dafür, ob eine Verfügung der Klägerin ohne Rechtsgrund vorgelegen hat. Sind die Kosten keine Betriebskosten, so handelt es sich um eine Verfügung ohne Rechtsgrund. Damit ergäbe sich für die Klägerin einen Herausgabeanspruch gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

Die Pflicht der Mieterin Betriebskosten zu tragen, stand im vorliegenden Fall nicht zur Debatte. Entscheidend war die Frage, ob Kosten die für das Fällen eines morschen Baumes entstehen als Betriebskosten i.S.d. § 1 BetrKV umlagefähig sind. Das ist der Fall, wenn die Baumfällung unter den Wortlaut „Kosten der Gartenpflege“ des § 2 Nr. 10 BetrKV fällt und damit umlagefähig ist. Interessant ist dabei im Einzelfall die Abgrenzung zu Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten i.S.d. § 1 Abs. 2 BetrKV.

Bisher wurden drei verschiedene Ansichten zu dieser Konstellation vertreten. Teilweise wurden die entstehenden Kosten als „laufende Kosten“ i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV und damit nicht umlagefähig angesehen. Anders wird vertreten der Vermieter erfülle lediglich eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht oder er beseitige einen Mangel an der Mietsache. Nach dritter Ansicht, welcher der BGH folgt, gehöre die Beseitigung eines morschen Baums zur ordnungsgemäßen gemäßen Gartenpflege. Der BGH nimmt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Norm auf Bäume an, da es sich sowohl um eine (verholzte) Pflanze, als auch ein Gehölz handele. Auch die Formulierung, dass es sich um eine „Erneuerung“ handeln muss, stehe dem nicht entgegen, da das Entfernen schon dem Oberbegriff der „Gartenpflege“ unterfalle. So würden nämlich Umstände, wie ein morscher oder nicht mehr standsicherer Baum die Gartenanlage als Ganzes beeinträchtigen.

Dass es sich zudem nicht um Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten handelt, wird mit dem Charakter einer wiederkehrenden Arbeit begründet. Eine solche liege schon dann vor, wenn die entscheidenden Arbeiten einem typischen Kreislauf unterliegen. Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung würden durch Reparatur und Wiederbeschaffung verursacht und müssten zur Erhaltungs des bestimmungsgemäßen Gebrauchs erbracht werden, um Mängel zu beseitigen. In der Morschheit eines Baumes pauschal einen Mangel zu sehen, lehnt der BGH mit dem Argument ab, dass ein Garten sich aus einer Vielzahl von Pflanzen zusammensetze. Dabei sei eine konkrete Zusammensetzung der Pflanzen regelmäßig nicht geschuldet. Überdies sei es unbeachtlich, ob der Vermieter einer Verkehrspflicht nachkommen wolle. Eine solch bliebe als rein haftungsrechtlicher Gesichtspunkt ohne Einfluss auf die Bewertungs des Kostencharakters.

Der Einordung als „laufende“ Kosten steht auch nicht entgegen, dass kein fest bemessbarer Zeitraum gegeben sei, in welchem Pflanzen zu erneuern seien. Pflanzen seien Lebewesen, so dass die Unbestimmbarkeit der Lebensdauer diesen immanent sei. Auch ergibt sich daraus keine Zweckwidrigkeit, da bei vernünftiger Betrachtungsweise auch die anfallenden Kosten vorhersehbar seien.

Damit bestätigt der BGH die Berufungsinstanz und schließt sich der Annahme an, dass Kosten, die bei einer Baumfällung anfallen, „Kosten der Gartenpflege“ und damit umlagefähig sind.


D. In der Prüfung

§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB

1. Etwas erlangt

2. Durch Leistung

3. Ohne Rechtsgrund

a) Umlage von Betriebskosten (§ 556 Abs. 1 Satz 1 BGB)

b) Betriebskosten i.S.d. § 1 BetrKV gem. § 2 Nr. 10 BetrKV (P)


E. Zur Vertiefung

Bausch, Umlagefähigkeit der Kosten für das Baumfällen im Rahmen der Betriebskosten für die Gartenpflege, NZM 2006, 366;

Schmid, Baumfällkosten als umlegungsfähige Betriebskosten, DWW 2011, 49.

 

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