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Entscheidung der Woche 02-2024 (ÖR)

Pierre Watermann

Das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum ist Sondernutzung.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: OVG Münster - 11 A 339/23

in: BeckRS 2023, 30863

1. Instanz: VG Köln - 21 K 4874/22

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum ist Sondernutzung.

2. Die pauschale Festsetzung einer Jahresgebühr unabhängig von der Nutzungsdauer innerhalb eines Jahres verstößt gegen das Äquivalenzprinzip, der gebührenrechtlichen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.


B. Sachverhalt

Für den Zeitraum vom 27.07.2022 bis zum 31.12.2022 hatte die Firma TIER eine Sondernutzungserlaubnis des öffentlichen Straßenraums bei der Stadt Köln beantragt. Inhalt dessen war der Betrieb von E-Scootern im Rahmen eines Verleihsystems. Genauer, das Abstellen jener E-Scooter im sogenannten Free-Floating-System. Die Stadt Köln setzte daraufhin für die 3.600 Fahrzeuge des Unternehmens eine Sondernutzungsgebühr i. H. v. 383.000.- Euro fest, wie es Inhalt der Sondernutzungssatzung, die die Festsetzung einer Jahresgebühr unabhängig von der Dauer der Nutzung vorgibt, ist.

Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Köln ab. Wegen grundsätzlicher Bedeutung lies es die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zu. Von dieser Möglichkeit machte die Firma TIER Gebrauch. Die Berufung beim Oberverwaltungsgericht hatte Erfolg.


C. Anmerkungen

Das OVG begründete wie folgt:

Die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum in der von TIER praktizierten Weise ist rechtens. Es handelt sich um eine Sondernutzung, nicht um Gemeingebrauch der Straße. Grund hierfür ist, dass nicht vorwiegend das Abstellen der E-Scooter mit einhergehender Wiederinbetriebnahme der anvisierte Verwendungszweck ist, wodurch es gerade keinen Verkehrszwecken dient. Vorrangig ginge es dem Unternehmen um verkehrsfremde Zwecke, namentlich dem Abschluss eines Mietvertrags.

Das Abstellen oder Parken von E-Scootern ist rechtlich genauso zu beurteilen wie der Senat das bereits im November 2020 für Mietfahrräder entschieden hat. Unwirksam sind hingegen Satzungsregelungen und der betreffend E-Scooter geregelte Gebührentarif der Stadt, die auch für unterjährige Sondernutzung die Festsetzung der Jahresgebühr vorsehen. Die danach grundsätzlich pauschale Festsetzung der Jahresgebühr unabhängig von der Nutzungsdauer innerhalb eines Jahres verstößt gegen das Äquivalenzprinzip, der gebührenrechtlichen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Mit diesem Grundsatz sei es nicht vereinbar, wenn eine Sondernutzungsgebühr, mit der die für ein ganzes Jahr mit der Sondernutzung verbundenen Beeinträchtigungen und die gleichzeitig verfolgten wirtschaftlichen Interessen abgegolten werden, der Höhe nach identisch ist mit der Gebühr, die bei ansonsten unverändertem Nutzungsumfang für eine nur den Bruchteil eines Jahres erfolgende Nutzung erhoben wird.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.


D. In der Prüfung

I. Zulässigkeit der Klage

II. Begründetheit

1. RGL

(P1) Abgrenzung Gemeingebrauch oder Sondernutzung

2. formelle Rechtmäßigkeit

3. materielle Rechtmäßigkeit

(P2) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz


E. Literaturhinweise

NJW 2020, 3797 - Urteil OVG Münster 2020 (Urteil zu Mietfahrrädern);

NVwZ 2009, 185 - BVerwG zur Bemessung bei Sondernutzungegbühren;

BeckRS 2020, 36882 - OVG Lüneburg zur Rechtmäßigkeit einer Sondernutzungsgebühr.

 

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