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Entscheidung der Woche 05-2021 (ÖR)

Rocky Glaser

Die Regelungen der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (9.BayIfSMV) zu Kontaktbeschränkungen und der Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, 13 und § 32 S. 1 IfSG sind...

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: VGH München, 20 NE 20.2461

in: COVuR 2021, 46

BeckRS 34549

 

A. Orientierungssatz

Die Regelungen der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (9. BayIfSMV) zu Kontakbeschränkungen und der Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 3, 13 und § 32 S. 1 IfSG sind nach summarischer Prüfung im Rahmen der Entscheidung nach § 47 Abs. 6 VwGO jeweils verfassungsgemäß.


B. Sachverhalt

Das Eilverfahren vor dem BayVGH beruht auf einem zulässigen Antrag gegen die dort geltenden Kontaktbeschränkungen und die Untersagung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen. Die Antragstellerin könne ihre Schwestern nicht mehr gleichzeitig sehen. Darüber hinaus betreibt sie ein Beleuchtungsgeschäft, welches durch die Gastronomieschließung wirtschaftliche Nachteile erleide.


C. Anmerkungen

Vorliegend wird hinsichtlich des streitigen Prüfungsmaßstabs der Begründetheit eines Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO eine zweistufige Prüfung vom VGH vorgenommen. Auf der ersten Stufe wurden die summarischen Erfolgsaussichten der Hauptsache untersucht. In einem zweiten Schritt wurde eine Folgenabwägung vorgenommen.

An der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Normen hat der VGH nicht die erforderlichen schwerwiegenden Zweifel. Das IfSG unterliegt im Eilrechtsschutz nur einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Aufgrund der Normverwerfungskompetenz des BVerfG für formelle Gesetze müsste das Gericht bereits im Eilverfahren derart von der Verfassungswidrigkeit überzeugt sein, dass eine konkrete Normkontrolle gem. Art. 100 Abs. 1 GG gerechtfertigt wäre. Zu einer derartigen Überzeugung gelangt der VGH im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht.

Die materiellen Anforderungen hinsichtlich Parlamentsvorbehalt bzw. aus Art. 80 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gem. Art. 20 Abs. 3 GG erfülle das IfSG mit Blick auf die streitigen Maßnahmen wohl nunmehr spätestens mit dem neu geschaffenen § 28a IfSG vom 18. November 2020. Die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe seien unter Gewährung eines ausreichenden Abwägungsspielraums vor dem Hintergrund des Schutzes von Leib und Leben wohl gerechtfertigt. Jedenfalls in dem vorliegenden Eilverfahren haben sich die erforderlichen Zweifel an den Regelungen nicht eingestellt. Die 9. BayIfSMV basiere insoweit auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage.

Die notwendigen formellen und materiellen Anforderungen würden durch die Landesverordnung im Übrigen wohl gewahrt. Nach vorläufiger Einschätzung ist diese insbesondere inhaltich durch das IfSG gedeckt, verhältnismäßig und im Übrigen auch bestimmt. Eine Folgenabwägung geht aufgrund der Interessen der Gesamtbevölkerung am Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) zulasten der Antragstellerin aus. Die Folgen einer Außervollzugsetzung und die damit einnhergehende mögliche Eröffnung neuer Infektionsketten fallen schwerer ins Gewicht als die Folgen für die Grundrechte der Antragstellerin.

Im Ergebnis entscheidet der VGH gegen die Antragstellerin und die Verordnung ist (zunächst) zu befolgen. Die im Vorfeld viel gescholtene Regelung des § 28a IfSG wird erstmals als verfassungsgemäß und wirksam betrachtet Die hauptsächlich auf Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgebot bezogene Kritik, insbesondere mit Blick auf die Regelungstechnik der Regelbeispiele, konnte sich zumindest im Rahmen des Eilverfahrens nicht durchsetzen.


D. In der Prüfung

I. Zulässigkeit, § 47 Abs. 6 VwGO

II. Begründetheit, § 47 Abs. 6 VwGO

1. (P) Prüfungsmaßstab

2. Summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache

3. Folgenabwägung


E. Literaturhinweise

Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 47

Rn. 152 ff;

Zuck/Zuck, Die Rechtsprechung des BVerfG zu Corona-Fällen,

NJW 2020, 2302.

 

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