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Entscheidung der Woche 10-2023 (ZR)

Sarah Lampe

Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH X ZR 42/20

in: openJur 2023, 413

BeckRS 2022, 39104

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.


B. Sachverhalt

Die Parteien streiten über eine Eigentumsübertragung an mehreren Grundstücken. Die Klägerinnen als Erbinnen der Erblasserin verlangen vom Beklagten die Übertragung des Eigentums an mehreren Grundstücken. Die Erblasserin übertrug den Klägerinnen und dem Beklagten das Eigentum an mehreren Grundstücken zu je 1/3. Zudem übertrug sie dem Beklagten das Alleineigentum an einem weiteren Grundstück. Zugunsten der Erblasserin wurde ein lebenslanger, unentgeltlicher Nießbrauch eingetragen. Die Erblasserin stellte den Klägerinnen und dem Beklagten 2008 Löschungsbewilligungen für den Nießbrauch aus, die diese erstmal verwahren sollten, bis die Parteien untereinander abgesprochen hatten, wann oder ob diese genutzt werden sollen. Der Beklagte als Geschäftsführer und beherrschender Gesellschafter einer GmbH, die ein Grundstück der Erblasserin gepachtet hatte, stellte 2010 die Zahlungen an die Erblasserin grundlos ein. Daraufhin entzog ihm die Erblasserin eine erteilte Handlungsvollmacht. Der Beklagte reichte kurz danach die Löschungsbewilligungen ein, woraufhin die Erblasserin dagegen eine einstweilige Verfügung erwirbt.

Der Beklagte behauptet nun, die Erblasserin sei dement und daher nicht handlungs- und prozessfähig. 2011 widerrief die Erblasserin die Schenkungen an den Beklagten wegen groben Undanks. 2012 widerrief sie diese erneut, diesmal mit Angabe einer Begründung, nämlich der Einstellung der Pachtzahlungen sowie ein Erpressungsversuch des Beklagten gegenüber den Klägerinnen aus dem Jahr 2011, von dem sie erst jetzt Kenntnis erlangt hat. Allerdings fehlte in ihrem Schreiben der Zusatz, dass sie wegen groben Undanks widerrufe. Nach dem Tod der Erblasserin verlangen die Klägerinnen nun die Rückübertragung an den geschenkten Grundstücken aufgrund des Widerrufs der Erblasserin.


C. Anmerkungen

Das Berufungsgericht wies die Klage ab, da die Voraussetzungen des Widerrufs wegen groben Undanks nicht erfüllt seien. Sowohl der Widerruf aus 2011 als auch aus 2012 seien unwirksam. In dem Widerruf aus 2011 fehle die Begründung des groben Undanks. Der Widerruf aus 2012 enthielt zwar eine Begründung, jedoch fehlte hier der Zusatz, dass wegen groben Undanks widerrufen werde.

Diese Auffassung des Berufungsgerichts hielt einer Überprüfung durch den BGH nicht stand. Ob eine Begründung für den Widerruf wegen groben Undanks erforderlich ist, sei bisher nicht höchstrichterlich entschieden worden. Ein großer Teil der Literatur hielt die Angabe des Widerrufsgrundes bisher für erforderlich, um dem Beschenkten die Möglichkeit zu geben, den Grund sowie die Einhaltung der Widerrufsfrist aus § 532 BGB zu überprüfen. Der BGH stützt sich hier mit seiner Auffassung insbesondere auf den Wortlaut des § 531 Abs. 1 BGB, der die Angabe von Gründen nicht erfordert. Zwar sei der Beschenkte im Falle des Widerrufs nach § 531 Abs. 1 BGB schutzwürdig. Dieser Schutz wird aber schon dadurch gewährt, dass der Widerruf wegen groben Undanks an enge objektive und subjektive Voraussetzungen geknüpft ist, die der Schenker im Prozess darlegen und beweisen muss. Hier eine weitere Voraussetzung aufzustellen, die vom Gesetz nicht gefordert wird, gehe zu weit.

Zudem vergleicht der BGH den Widerruf systematisch mit der Kündigung nach § 626 BGB. Hier soll der Kündigungsgrund bei Fehlen nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB zwar unverzüglich mitgeteilt werden, die Wirksamkeit der Kündigung wird dadurch allerdings nicht berührt. Entscheidend ist nur, dass der entsprechende Grund tatsächlich vorliegt. Für den Widerruf wegen groben Undanks, für den das Gesetz eine solche nachträgliche Begründungspflicht nicht vorsieht, kann daher nichts anderes gelten.


D. In der Prüfung

§§ 531 Abs. 2, 530, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB

I. Etwas erlangt

II. Durch Leistung

III. Späterer Wegfall des Rechtsgrundes

1. Vorliegen eines Schenkungsvertrags

2. Widerruf

a. Widerrufserklärung, § 531 Abs. 1 BGB

b. Begründung der Widerrufserklärung (P)

c. Vorliegen eines Widerrufsgrundes

aa. Objektive Voraussetzung: Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere

bb. Subjektive Voraussetzung: Verfehlung als Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten, die Dankbarkeit vermissen lässt


E. Literaturhinweise

Roglmeier, Der Schenkungswiderruf wegen Verarmung und groben Undanks, ErbR 2015, S. 292 – 304;

Harke in: BeckOGK BGB, Stand: 01.01.2023, § 531 Rn. 5.

 

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