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Entscheidung der Woche 13-2019 (ZR)

Patrick Glatz

Bei der Vermietung einer Wohnung durch zwei Miteigentümer bleiben beide auch dann Vermieter, wenn der eine seinen Miteigentumsanteil später an den anderen Veräußert. Auf einen solchen Eigentumserwerb findet § 566 Abs. 1 BGB weder direkte noch analoge Anwendung.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH, Beschluss. v. 09.01.2019 – VIII ZB 26/17

in: MDR 2019, 341

 

A. Leitsatz

Bei der Vermietung einer Wohnung durch zwei Miteigentümer bleiben beide auch dann Vermieter – und ist eine Kündigung gegenüber demgemäß von beiden Vermietern auszusprechen -, wenn der eine seinen Miteigentumsanteil später an den anderen Veräußert. Auf einen solchen Eigentumserwerb findet § 566 Abs. 1 BGB weder direkte noch analoge Anwendung.


B. Sachverhalt

Die Klägerin und ihr Ehemann waren Miteigentümer eines Zweifamilienhauses. Mit Vertrag vom 1. Oktober 2013 vermieteten sie eine der beiden Wohnungen an den Beklagten. Später wurde die Klägerin, welche die andere Wohnung im Haus bewohnt, durch Übertragungen des Miteigentumsanteils ihres Ehemanns Alleineigentümerin des Anwesens. Sie kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 18. Februar 2016 gem. § 573a Abs. 1 BGB und nahm die Beklagten auf Räumung und Herausgabe in Anspruch. Nach dem Auszug der Beklagten aus der streitgegenständlichen Wohnung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kosten waren den Beklagten auferlegt worden. Die dagegen zugelassene und gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten blieb daraufhin erfolglos. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagte, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.


C. Anmerkungen

Der vorliegenden Beschluss des BGH nimmt Stellung zu der Frage, ob bei der wirksamen Übertragung eines Miteigentumsanteils an den anderen Miteigentümer eines Mietshauses, die Kündigung einer darin befindlichen Mietwohnung durch beide ursprünglichen Miteigentümer zu erfolgen hat, oder ob § 566 Abs. 1 BGB analog angewendet werden muss. Einstiegspunkt für den Beschluss ist das Prozessrecht, über die Kostenregelung des § 91a ZPO war die Frage letztlich zum BGH gekommen. Dies bietet nicht nur die Möglichkeit, sich mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung und deren Rechtsfolge nach § 91a ZPO auseinanderzusetzen, sondern auch mit der materiell interessanten Frage nach einer Anwendung von § 566 Abs. 1 BGB bei Veräußerungen eines Miteigentumsanteils.

Grundsätzlich kann eine Klage durch drei Erklärungen/Vereinbarungen aus der Welt geschafft werden: durch Klagerücknahme (§ 269 ZPO), durch Vergleich (§ 278 Abs. 6 ZPO) oder durch Erledigungserklärung (in der ZPO nicht geregelt, aber durch § 91a ZPO vorausgesetzt). Letztere war im vorliegenden Fall von Bedeutung. Denn erklären beide Parteien im Prozess übereinstimmend die Hauptsache für erledigt, so trifft das Gericht nach § 91a ZPO die Kostenentscheidung danach, welche Partei bei einer Entscheidung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wäre und legt dieser die Kosten des Rechtsstreits auf.

Diese Frage bietet hier den Einstiegspunkt in die materielle Prüfung. Der BGH hat in seinem Beschluss verdeutlicht, dass selbst wenn ein ursprünglicher Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil wirksam an den anderen Miteigentümer veräußert die Kündigung von beiden Vermietern zu erfolgen hat. Das Rechtsbeschwerdegericht hatte noch festgehalten, dass § 566 Abs. 1 BGB keine direkte Anwendung fände, da der Wortlaut von einer Veräußerung an einen Dritten spricht, allerdings analog herangezogen werden müsste.

Der BGH geht in seinem Beschluss jedoch davon aus, dass auch eine analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB in der konkreten Situation nicht in Betracht komme. Sinn und Zweck des § 566 BGB sei der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber dem neuen Erwerber. Dieser Schutzzweck, der für das Vorliegen einer Analogie maßgeblich ist, sei aber gerade nicht berührt, da der neue Alleineigentümer weiter an den Mietvertrag gebunden ist und ein Verlust des Besitzes aufgrund des Veräußerungsvorgangs nicht im Raume steht. Mithin sind für eine wirksame Kündigung die Kündigungserklärungen beider Vermieter notwendig.


D. In der Prüfung

A. Wirksame ordentliche Vermieterkündigung

I. Kündigungsgrund

(!) Grundsatz § 573; Erleichterung § 573a

II. Kündigungsfrist, § 573c

III. Kündigungserklärung

(!) Vom Vermieter auszusprechen


E. Zur Vertiefung

Zur Erledigung der Hauptsache:

Heiß/Heiß, Die Erledigung der Hauptsache im Zivilprozess – Grundsätze und übereinstimmende Erledigungserklärung, JA 2018, 499f.;

Becker, Erledigung und Klagerücknahme im Zivilprozess, JuS 2018, 1050f.;

Zur Wohnraummiete und Kündigung:

Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 42. Auflage 2018, 2. Kapitel § 13 Rn. 11ff.;

Medicus/Lorenz, Schuldrecht BT II, 18. Auflage, § 25 Rn. 12ff.

 

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