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Entscheidung der Woche 13-2024 (SR)

Emilia Debertin

Bei der Verabredung zu einer Anstiftung zu einem Verbrechen genügt eine ernstliche Willensübereinstimmung von wenigstens zwei Personen, einen Dritten zur Begehung einer in Aussicht genommenen Tat zu überzeugen.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: BGH, 29.11.2023 - 6 StR 179/23

Fundstelle: BeckRS 2023, 37812; NJW-Spezial 2024, 89; Rechtsprechungsübersicht 3/24, 143 ff.

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

Bei der Verabredung zu einer Anstiftung zu einem Verbrechen genügt eine ernstliche Willensübereinstimmung von wenigstens zwei Personen, einen Dritten zur Begehung einer in Aussicht genommenen Tat zu überzeugen.

Zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen muss die in Aussicht genommene Tat dabei bestimmt sein. Nicht jedoch bereits in allen Einzelheiten. Zur Erfüllung von § 30 Abs. 2 Var. 3 2. Alt. StGB muss ein Haupttäter nicht feststehen. Es muss noch nicht einmal sicher sein, ob ein solcher gefunden wird. Indem die Gefahrerhöhung auf das Rechtsgut gestützt wird und sonst eine Strafbarkeit zu weit in das Vorfeld der Haupttat selber vorverlagert würde, genügt schon eine gewisse Bestimmbarkeit und Konkretisierung der Tat.


B. Sachverhalt

Um seinen Nachbarn N loszuwerden, suchte A für 10.000€ jemanden, der N so verletzen würde, dass N als Pflegefall nicht mehr sein Haus bewohnen könnte und deshalb die Nachbarschaft verlassen würde. Dies sollte noch vor Weihnachten passieren. Dabei nahm er auch in Kauf, dass N dabei unter Arg- und Wehrlosigkeit getötet werden würde. Die Ausführung sollte durch Brandstiftung erfolgen, damit ein weiterer Grund für einen Auszug geschaffen wird.

Um dafür an Kontakte zu gelangen, wandte sich A an B. Gemeinsam verabredeten sie die Suche nach möglichen Tätern. B machte sich die "Beseitigung" des N zu eigen. B vermittelte drei Personen an A, von denen er dachte, dass diese möglicherweise durch A beauftragt werden könnten. B war sich bewusst, dass durch seine Mitwirkung ein Täter für A gefunden und die Tat durchgeführt werden könnte. Diese Personen waren jedoch nicht zur Tat bereit.

Auch wegen möglicher polizeilicher Ermittlungen stellt A die Planung vorerst ein. Er behielt sich aber eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu Beauftragung Dritter durch B vor.


C. Anmerkungen

Indem Mord und schwere Brandstiftung Verbrechen sind, könnten sich A und B wegen Verabredung zur Anstiftung zur Begehung eines Verbrechens gem. § 30 Abs. 2 Var. 3 2. Alt StGB strafbar gemacht haben.

Zur Anstiftung muss eine vom ernstlichen Willen getragene Übereinstimmung von mindestens zwei Personen vorliegen.Diese muss umfassen, einen Dritten zur Begehung eines in Aussicht genommenen, bestimmten Verbrechens anzustiften.

Dabei muss in wesentlichen Grundzügen die Tat bestimmbar sein. Da der Strafgrund des § 30 StGB in der Erhöhung der Gefahr des Rechtsguts liegt, muss eine hinreichende Konkretisierung der Haupttat bestehen.

Soweit sie nicht komplett im Vagen bleiben, können bei der Absprache zwischen den Mittätern jedoch Zeit, Ort sowie Modalitäten der Ausführung im Einzelnen offen bleiben.Zudem müssen mittäterschaftliche Tatbeiträge vorliegen.

Indem durch A das Opfer, Begehungsweise, Zeitraum und Tatmotiv feststanden und durch B, der sich die Tat zu eigen machte, mögliche Täter akquiriert und dessen Anstiftung konkretisiert wurde, war die Tat gemeinschaftlich, ernstlich verabredet i.S.d. § 30 Abs. 2 Var. 3 2. Alt. StGB.

Insgesamt wurden folglich durch A und B die Gefahr für Leib und Leben des N erhöht.Indem eine zeitliche vorgelagerte Strafbarkeit durch § 30 II StGB begründet wird und sonst die eigentliche Tat Strafbarkeitsschwerpunkt werden würde, kann für die Annahme der wissentlichen und willentlichen Anstiftung auch dahinstehen, dass die konkreten Täter und der ganz konkrete Zeitpunkt der Tat nicht festgelegt waren.

Bezüglich der Bereiterklärung eines handlungswilligen Täters handelte es sich um eine vom Willen der Beteiligten losgelöste Bedingung. Es genügt, dass A und B nach erfolgreicher Suche entschlossen waren, die tatgeneigte Person anzustiften und dabei mit jeder möglichen Ausführung einverstanden bzw. gleichgültig zu sein oder diese zumindest billigend in Kauf zu nehmen.

Durch diese Gleichgültigkeit bezüglich jeder eintretenden Möglichkeit liegt auch bedingter Vorsatz vor.

In dem vorübergehenden Abstandnehmen von der Suche nach weiteren Tätern ist auch keine endgültige Aufgabe der Ausführung zu sehen, sodass darin auch kein Rücktritt gem. § 31 I Nr. 1 StGB liegt.


D. In der Prüfung

§ 30 StGB

I. Objektiver Tatbestand

1. Sich bereit erklären oder

2. Annahme des Erbietens

3. Verabredung zu einem Verbrechen

4. Verabredung zur Anstiftung zu einem Verbrechen

II. Subjektiver Tatbestand

III. Rechtswidrigkeit

IV. Schuld

V. Schuld § 49 I StGB


E. Literaturhinweise

BGH Urt. v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23; BeckRS 2023, 37812; BeckOK StGB/Cornelius StGB § 30 Rn. 16.18

 
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