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Entscheidung der Woche 15-2021 (ZR)

Moritz Stamme

An die Stelle einer nach § 307 BGB unwirksamen Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH VIII ZR 163/18

in: NZM 2020, 704

NJW 2020, 3517

IMR 2020, 3124

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

1. An die Stelle einer nach § 307 BGB unwirksamen Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB.

2. Die hiernach den Vermieter treffende Ausführung von Schönheitsreparaturen bestimmt sich nach dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand; dies kann auch der unrenovierte Zustand der Wohnung bei Übergabe sei. Bei einer wesentlichen Verschlechterung des anfänglichen Dekorationszustands kommt ein Instandhaltungsanspruch des Mieters in Betracht.


B. Sachverhalt

Die Kläger hatten 2002 von der Beklagten in Berlin eine unrenovierte Wohnung gemietet. In dem Mietvertrag hatten sie die Schönheitsreparaturen übernommen. Als sich im Lauf der Zeit der Zustand der Wohnung weiter erheblich verschlechterte, verlangten sie von der Beklagten einen Vorschuss von über 8.000 Euro zur Renovierung der Wohnung.


C. Anmerkungen

Die Kläger könnten auf Grund des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB einen Anspruch auf den Vorschuss haben. Dafür müsste die Beklagte mit der Beseitigung der Mängel in Gestalt der erforderlichen Renovierung der Räume in Verzug sein (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Mängelbeseitigung ergibt sich hier nach Meinung des Senats unmittelbar aus § 535 Abs. 1 S. 2 iVm § 536 Abs. 1 BGB, weil die Abwälzung der Schönheitsreparaturen unwirksam war, so dass an die Stelle der fraglichen Klausel gemäß § 306 BGB wieder die dispositive Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB tritt. Ein Mangel liegt ebenfalls vor, da sich der Zustand der Räume gegenüber demjenigen bei ihrer Übergabe inzwischen weiter erheblich verschlechtert hat. Maßstab für das Vorliegen eines Mangels ist nämlich der nach dem Vertrag vom Vermieter geschuldete Zustand. Die Kläger haben die Wohnung besichtigt und in dem Vertrag den dabei festgestellten wenig erfreulichen Zustand der Räume im Wege einer sog. negativen Beschaffenheitsvereinbarung akzeptiert. Deshalb ist hier nicht etwa der renovierte Zustand der Wohnung, sondern der unrenovierte Zustand bei Übergabe der Räume, geschuldet.

Nimmt man dies an, so können die Kläger gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nur eine Wiederherstellung des unrenovierten Zustands bei Übergabe der Räume verlangen. Aus naheliegenden Gründen hält der Senat dies indessen für wirtschaftlich unsinnig und auch praktisch unmöglich, so dass die vollständige Renovierung der Wohnung in Betracht kommt (§§ 535 Abs. 1 S. 2, 306 Abs. 2 BGB). Dadurch bekämen die Kläger jedoch etwas, worauf sie nach dem Vertrag gar keinen Anspruch haben, nämlich eine vollständig renovierte Wohnung anstelle der unrenovierten Wohnung im Zustand bei Übergabe. Den Ausweg aus diesem Dilemma sieht der Senat in einer Kostenteilung der Parteien, gestützt auf § 242 BGB. Die klagenden Mieter können demnach von der Beklagten einen Vorschuss für die Renovierung der Wohnung fordern, aber nur wenn sie die Hälfte der Kosten übernehmen und ihren Anspruch auf einem Vorschuss der Beklagten auf die restliche Hälfte der Kosten beschränken.


D. In der Prüfung

§ 535 Abs. 1 BGB

1. Wirksamer Mietvertrag

2. Mangel iSd § 536

3. Verzug des Vermieters bei Mangelbeseitigung, § 286 BGB

(P) Unwirksamkeit der Klausel, §§ 305 ff. BGB


E. Zur Vertiefung

Artz, Austarieren der Dekorations-Lastverteilung im Wohnraummietverhältnis, NZM 2015, 801;

Graf von Westphalen, Schönheitsreparatur-AGB vor ihrem Unionsrichter, NZM 2018, 1001,

 
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