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Entscheidung der Woche 18-2018 (SR)

Fabienne Wundram

Allein der Umstand der Entdeckung und eine anschließende Flucht können, selbst im Zusammenhang mit einer Straftat in Form des Verbrechens, die Annahme einer unfreiwilligen Tataufgabe nicht tragen.

Wo?

BGH 1 StR 393/17

in: HRRS 2018 Nr. 100

bundesgerichtshof.de

 

Was?

BGH, Beschluss vom 24.10.2017

Die Abgrenzung von unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt: Nämlich nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung. Dies ist der sogenannte Rücktrittshorizont.

Lässt sich die Vorstellung des Täters in Hinblick auf einen fehlgeschlagenen Versuch nicht ermitteln, so kommt es gerade auf diese Abgrenzung an. Allein der Umstand der Entdeckung und eine anschließende Flucht können die Annahme einer unfreiwilligen Tataufgabe nicht tragen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Angeklagten zu entscheiden (in dubio pro reo).


Warum?

Die Abgrenzung von unbeendetem und beendetem Versuch ist ein beliebtes AT-Klausurproblem, das auch in anspruchsvollen Klausuren abgehandelt werden kann. Der Sachverhalt ist hierbei besonders gut auszuwerten, um die subjektive Einstellung des Täters zu ermitteln.

Für die Praxis hat die Entscheidung Bedeutung im Hinblick auf den Strafrahmen und die Anwendung von Strafmilderungsgründen. In der Klausur wird es noch wichtiger, eine nachvollziehbare Argumentation und Verarbeitung aller Hinweise aus dem Sachverhalt vorzunehmen und zukünftig die autonom motivierte Tataufgabe zu begründen.

Diese können unter anderem aus den Motiven des Täters, äußeren Einflüssen, dem Zeitraum des Geschehens oder Besonderheiten des Tatmittels resultieren und müssen eine Freiwilligkeit des Handels erkennen lassen. Angst vor einer Bestrafung schließt indes die mögliche Freiwilligkeit nicht schon aus, da im Zweifel zu Gunsten des Zurücktretenden auf dessen innere Willensrichtung zu schließen ist.


Vertiefungsaufgabe

Lektüre des Urteils sowie von BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 und vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFo 2015, 470;

Anhand von klassischen Versuchs- und Rücktrittsfällen das Prüfungsschema und die Definitionen wiederholen und die Stelle der Freiwilligkeit des Rücktritts in der Prüfung des § 24 StGB verorten.

 
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