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Entscheidung der Woche 18-2024 (ZR)

Marie-Christin Runkel

Erhält der Vermieter den Besitz an dem Mietobjekt durch den Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten zurück und behält der Vermieter die Schlüssel, dann beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: OLG Hamm I-30 U 195/22

Fundstelle: MDR 2023, 1444; jurisPR-MietR 23/2023

 

A. Orientierungs - oder Leitsatz

Erhält der Vermieter den Besitz an dem Mietobjekt durch den Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten zurück und behält der Vermieter die Schlüssel, dann beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist.


B. Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand ein gewerbliches Mietverhältnis, aus dem der Vermieter die beklagte Mieterin auf Zahlung von rückständiger Miete sowie Schadensersatz für die Instandsetzung der Mietsache in Anspruch nahm. Der Mietvertrag wurde über den Zeitraum von einem Jahr geschlossen und verlängerte sich am maßgeblichen Tag, dem 05.06.2021, um ein weiteres Jahr, sofern nicht drei Monate vor Jahresablauf die Kündigung erklärt würde. Die monatliche Miete betrug 2.964,37 Euro.

Am 10.03.2020 kündigte die Mieterin das Mietverhältnis zum 17.06.2020 als "nächstmöglichen" Zeitpunkt. Dagegen wandte der Vermieter ein, das Mietverhältnis sei erst zum 04.06.2021 ordentlich kündbar.

Die Mieterin nutze die Gewerberäume noch bis zum 31.12.2020 und warf am selben Tag die Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters ein. Am 07.01.2021 widersprach der Vermieter der Rückgabe schriftlich, behielt die Schlüssel jedoch. Weiterhin befand sich die Mietsache nicht mehr in ordnungsgemäßem Zustand und der Vermieter machte am 09.06.2021 Instandsetzungskosten von über 32.000 Euro geltend. Bezüglich dieses Anspruchs berief sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung.


C. Anmerkungen

Die Beklagte wurde zur Zahlung der ausstehenden Miete durch das Landgericht verurteilt. Im Rahmen der Berufung vor dem OLG Hamm hatte der Kläger jedoch keinen Erfolg, die Schadensersatzansprüche seien verjährt und die Beklagte habe die Leistung zurecht gemäß § 214 BGB verweigert.

Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Frage, ob die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB Anwendung findet. Aus § 548 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich, dass die Frist mit dem Rückerhalt der Mietsache an den Vermieter beginnt. Anders als in § 546 BGB ist nicht zwingend die Rückgabe der Mietsache gemeint, denn der Rückerhalt setze eine Besitzveränderung zugunsten des Vermieters voraus, die es ihm ermöglicht, die Mietsache auf Mängel zu prüfen. Nicht erforderlich sei aber die Beendigung des Mietverhältnisses.Indem die Mieterin die Räume geräumt und den Zugangsschlüssel in den Briefkasten des Vermieters warf, gab sie sämtlichen Besitz daran auf.

Dem Rückerhalt der Mietsache könnte dann der fehlende Besitzbegründungswille des Vermieters entgegen stehen. Es ist durchaus umstritten, unter welchen Voraussetzungen die Verjährungsfrist in derartigen Fällen zu laufen beginnt. Teilweise wird auf die Regelungen den Annahmeverzug betreffend abgestellt und für den Verjährungsbeginn das Angebot der Rückgabe als Voraussetzung angesehen.

Auch wird vertreten, die tatsächliche Besitzaufgabe des Mieters allein sei entscheidend oder es wird auf die Möglichkeit des Vermieters abgestellt, die unmittelbare Sachherrschaft über die Mietsache auszuüben.

In der vorliegenden Entscheidung hatte das Gericht diese Frage nicht abschließend zu klären, denn mit der Besitzaufgabe durch die Beklagte und der Möglichkeit der unmittelbaren Besitzausübung des Klägers mittels Schlüssels, ist ein die Verjährungsfrist auslösender Rückerhalt der Mietsache gegeben.

Zwar hat der BGH in einem anderen Fall entscheiden, dass ein Vermieter ein Mietobjekt nicht auf Zuruf zurücknehmen müsse und den Besitz auch nicht dadurch erhalte, dass die Schlüssel in den Briefkasten des Mietobjekts eingeworfen würden (BGH VIII ZR 8/11). Der wesentliche Unterschied besteht hier jedoch darin, dass dem Vermieter der Schlüssel in den eigenen Briefkasten geworfen wurde und er so den unmittelbaren Zugriff auf die Mietsache erhielt.

Es blieb festzustellen, dass die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB am 07.01.2021 zu laufen begann und bei Geltendmachung des Anspruchs durch den Vermieter am 09.06.2021 bereits abgelaufen war.


D. In der Prüfung

§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB

I. Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach

II. Durchsetzbarkeit

(P) Verjährung gem. § 214 BGB

1. Beginn gem. § 548 Abs. 1 BGB

2. Ablauf der Frist

3. Erhebung der Einrede

III. Ergebnis


E. Literaturhinweise

BGH NJW 2012, 144; Bieber in MüKO BGB, § 548 Rn. 14 ff.

 
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