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Entscheidung der Woche 19-2019 (ZR)

Felicia Maas

Der Honoraranspruch des Zahnarztes für implantologische Leistungen entfällt, wenn die Implantate fehlerhaft eingesetzt wurden und eine Nachbehandlung zur Vermeidung eines größeren Übels nichts an der völligen Unbrauchbarkeit der zahnärztlichen Leistung ändert.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH III ZR 294/16

in: BeckRS 2018, 23332

JuS 2019, 256

NJW 2018, 3513

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Der Honoraranspruch des Zahnarztes für implantologische Leistungen entfällt, wenn die Implantate fehlerhaft eingesetzt wurden und eine Nachbehandlung zur Vermeidung eines größeren Übels nichts an der völligen Unbrauchbarkeit der zahnärztlichen Leistung ändert.


B. Sachverhalt

Die Beklagte wurde vom Kläger zahnärztlich behandelt. Er versorgte mehrere Zähne mit Keramik- Inlays und setzte ihr jeweils vier Implantate im Kiefer ein. Wegen andauernder, auf die Implantate zurückzuführender, Beschwerden brach die Beklagte die eigentlich notwendige weitere prothetische Behandlung durch den Kläger ab. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass die Keramik-Inlays (Zahnfüllungen) medizinisch nicht indiziert und sämtliche Implantate unbrauchbar waren, weil sie schlecht positioniert wurden, weshalb der Beklagten eine Entzündung des Implantatbettes mit Knochenabbau droht und sie jegliche Zahlung verweigert. Die Lage der Implantate kann nachträglich nicht mehr korrigiert werden. Bei ihrer Entfernung besteht sowohl das Risiko, dass ein neuer erheblicher Knochendefekt herbeigeführt wird, als auch, dass das Ersatz-Implantat nicht ausreichend sicher befestigt werden kann. Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung einer Vergütung für die Implantatbehandlung sowie für die Keramik-Inlays.


C. Anmerkungen

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist gem. § 630a Abs. 1 BGB entstanden. Nach §§ 630b i.V.m. 628 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB erlischt dieser Anspruch, wenn der Dienstverpflichtete durch vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Dienstberechtigten auslöst. Dabei ist zu beachten, dass der Behandlungsvertrag in besonderem Maße auf dem Vertrauen zwischen Arzt und Patienten beruht, sodass er jederzeit auch ohne wichtigen Grund gekündigt werden kann, selbst wenn das persönliche Vertrauensverhältnis durch irrationale Empfindungen gestört ist.

Die unter Verletzung des geschuldeten Fachstandards falsche Positionierung der Implantate stellt ein nicht nur geringfügig vertragswidriges Verhalten dar. Kausal für den Abbruch der Behandlung seien die auf der Schlechtleistung beruhenden andauernden Beschwerden. Die Vergütungspflicht geht jedoch nur unter, wenn der Dienstberechtigte an der erbrachten Leistung kein Interesse mehr hat. Was der Fall sei, wenn er sie nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann und sie so für ihn nutzlos geworden sind. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede technische Möglichkeit, auf der Leistung des Vorbehandlers aufzubauen, die Nutzlosigkeit entfallen lässt. Die Weiterverwendung muss dem Patienten auch zumutbar sein, was nur dann der Fall ist, wenn sie zu einer Lösung führt, die mit den Regeln der zahnärztlichen Kunst vereinbar ist.

Dies ist hier nicht der Fall, weshalb die Behandlung wertlos und ein Anspruch auf Vergütung nach § 628 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB erloschen ist. Für die nicht indizierte unnötige Versorgung mit Keramik-Inlays muss die Beklagte keine Vergütung entrichten, weil ihr ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zusteht, der nach § 249 BGB zur Befreiung von der Vergütungspflicht führt.

(Anmerkung): Der BGH sieht den Vergütungsanspruch der Inlays als Schaden, der auf einer Pflichtverletzung beruht und deswegen eine Aufrechnungslage entstehen lässt. Diese Rechtsanwendung wird in der Lit. stark kritisiert, dazu: JuS 2019, 256.


D. In der Prüfung

A. Vergütungsanspruch

I. Anspruch entstanden, § 630a Abs. 1 BGB

II. Anspruch erloschen, §§ 628 Abs. 1 S. 2 Var. 2, 627 BGB

B. Vergütung der Inlays

I. Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB

1. Schuldverhältnis, § 630a BGB

2. Pflichtverletzung

3. Vertretenmüssen

4. Schaden

C. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

JuS 2019, 256 & NJW 2018, 3513 lesen;

Spickhoff, Die Entwicklung des ArztR 2017/2018, NJW 2018, 1725.

 
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