Entscheidung der Woche 20-2018 (ZR)
Jan-Hendrik Flies
Auch Beschaffenheiten, die nicht im notariellen Kaufvertrag erwähnt werden, können von der verkauften Immobilie erwartet werden.
Wo?
Az: BGH Urt. v. 09.02.2018 - V ZR 274/16
BeckRS 2018, 6339
Was?
BGH, Urteil vom 09.02.2018
Die Annahme eines Sachmangels aufgrund des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, die nach § 434 Abs. 1 S. 2, 3 BGB der Käufer erwarten kann, setzt keine Erwähnung jener Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag voraus.
Der Verkäufer einer gebrauchten Immobilie haftet jedoch für einen solchen Sachmangel nicht, sofern im Kaufvertrag ein wirksamer, allgemeiner Haftungsausschluss enthalten ist.
Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss z.B. in einem Internet-Exposé, welche die notarielle Urkunde nicht enthält, ist grundsätzlich keine Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1, sondern gem. § 434 Abs. 1 S. 2 BGB.
Eine arglistige Täuschung im Sinne des § 444 BGB setzt als Verstoß gegen eine bestehende Offenbarungspflicht kein aktives Tun voraus. Daher können sich die Beklagten nicht auf den Haftungsausschluss berufen, wenn ihnen in den Wänden vorhandene, bei der Besichtigung des Klägers jedoch nicht ohne weiteres erkennbare Feuchtigkeit bekannt war und der Kläger auf diesen Umstand nicht durch die Beklagten hingewiesen wurde.
Warum?
Die Sachmängelgewährleistung ist ein häufiges Klausurthema in Grundkursklausuren sowie eine von vielen Hürden in Klausuren der Großen Übung im Zivilrecht. Sehr wichtig ist es, das Vorliegen einer Offenbarungspflicht nicht zu früh abzulehnen.
Vertiefungsaufgabe
Die aktuelle Rechtsprechungslinie verinnerlichen, hierzu: BGH Urt. v. 15.06.2012, Az.: V ZR 198/11, dort werden ab Rn. 10 a) ff. ausführlich die Voraussetzungen der Offenbarungspflicht sowie die Auslegungskriterien des Haftungsausschusses gem. § 444 BGB erläutert;
Für einen allgemeinen und umfassenden Überblick: Emmert, NJW 2006, 1765.