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Entscheidung der Woche 20-2020 (ZR)

Felicia Maas

In einem sogenannten Pferdepensionsvertrag hält eine formularmäßige Vertragsbestimmung, die eine beiderseitige Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende vorsieht, grundsätzlich der AGB – rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB stand.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH, 02.10.2019 – XII ZR 8/19

in: BeckRS 2019, 26889

NJW 2020, 328

 

A. Orientierungssätze

In einem sogenannten Pferdepensionsvertrag hält eine formularmäßige Vertragsbestimmung, die eine beiderseitige Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende vorsieht, grundsätzlich der AGB – rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB stand.


B. Sachverhalt (verkürzt & vereinfacht)

Die Parteien stritten um die Vergütung für die Einstelllung von Pferden in einer Reitanlage. Die Bekl. hatte zwei Pferde seit Februar 2012 aufgrund von „Pferdeeinstellungsverträgen“ für eine monatliche Vergütung von je 650 Euro auf dem Hof des Kl. eingestellt.

Die einzelnen Vertragsbedingungen ergaben sich aus gleichlautenden Formularverträgen, die vom Kläger gestellt wurden und auszugsweiselauten:

§ 2. (...)Der Vertrag kann von jedem Vertragspartner mit einer achtwöchigen Frist zum Monatsende gekündigt werden. Der Vertrag kann ohne Fristeinhaltung nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.(...) Der Einsteller ist berechtigt, sein Pferd jederzeit (bereits vor Vertragsablauf) wieder an sich zunehmen.

§3 Folgende Leistungen sind im Preis enthalten: Vermietung und Nutzung der Pferdebox und Anlagen, Lieferung von Heu, Einstreu und Kraftfutter sowie Entmistung(...).

Am 20.08.2014 erklärte die Bekl. Ein Pferd „mit sofortiger Wirkung“ aus der Reitanlage zunehmen. Im Dezember 2015 zog die Bekl. Auch mit dem zweiten Pferd aus der Reitanlage des Kl. aus.


C. Anmerkungen

Bei einem „Pferdeeinstellvertrag“ handelt es sich aufgrund der verwahrungs-, miet- ,dienst- und kaufrechtlichen Elemente um einen typengemischten Vertrag. Ein rechtlicher Schwerpunkt des Vertrages liegt laut BGH im Verwahrungsrecht. Die besonderen pflegerischen Elemente des Vertrages, die über bloße Obhut des Pferdes hinausgehen, seien von untergeordneter Natur, sodass ein dienstvertraglicher Schwerpunkt abzulehnen sei. Nach §695 S.1 BGB ist eine Beendigung des Verwahrungsvertrages jederzeit möglich. Fraglich war daher, ob die abweichende achtwöchige Kündigungsfrist nach § 307 Abs. Nr.1 BGB unvereinbar mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 695 S. 1 BGB ist. Ob das jederzeitige Rückforderungsrecht für den Typus des § 695 BGB zwingend ist, ist streitig, könne jedoch vorliegend dahinstehen, denn die Vereinbarung zu den Kündigungsfristenberühre nicht das Recht der Bekl., ihre eingestellten Pferde jederzeit wieder an sich zunehmen. Problematisch ist aber, dass mit der Kündigung auch der Verwahrungsvertrag endet und durch die Frist davon abgewichen wird. Jedoch lässt der Wortlaut des § 695 Abs.2 BGB eine derartige Abweichung zu, weshalb § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht einschlägig ist.

Ferner war fraglich, ob die achtwöchige Kündigungsfrist nach Abgleich der Interessen von Verwahrer und Hinterleger nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen war. Zwar ergebe sich ein nachvollziehbares und schutzwürdiges Interesse für den Verwahrer aus Gründen der Planungssicherheit, aber auch der Einsteller werde durch die Kündigungsfrist geschützt, indem er nicht wie bei der Geltendmachung eines nicht fristgebundenen Rücknahmeanspruchs durch den Reitstallinhaber vor erhebliche Probleme gestellt wird. Als Leitbild für die Angemessenheit der Länge der Kündigungsfrist greift der BGH auf § 473 Abs. 1 HGB zurück, wonach ein Lagervertrag unter Einhaltung einer Mindestfrist von einem Monat gekündigt werden kann. Demnach könne im Rahmen einer AGB– rechtlichen Kontrolle am Maßstab des § 307 BGB eine maßvolle Überschreitung der Monatsfrist hingenommen werden, wenn diese dem Einsteller von einem gewissen Nutzen sein kann.


D. In der Prüfung

A. Anspruch auf Zahlung der Vergütung für ausstehenden Pensionspreise für die Monate September und Oktober 2014 und Januar und Februar 2016

I. Anspruch entstanden

II. Anspruch erloschen

1. Keine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

2. Wirksamkeit des § 2 hinsichtlich der Kündigungsfrist von 8 Wochen

a) Einbeziehung § 305

b) Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1

aa) Rechtsnatur des Pferdeeinstellvertrages

bb) Verwahrungsrecht anwendbar, § 695 S. 1

cc) (P) Abweichung durch Frist mit Grundgedanken des § 695 unvereinbar, § 307 Abs. 2 Nr. 1?

c) Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 1 S. 1?

(P) Frist von 8 Wochen

III. Anspruch durchsetzbar

B. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

Zu den einzelnen Ansichten des Streites s. Henssler, in MüKo BGB § 695 Rn. 2;

Zu abweichende Vereinbarung s. Schlinker, in BeckOGK § 699 Rn. 9;

Zu Unangemessenheit s. Eckelt, in BeckOGK § 307 Rn.77–83.

 
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