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Entscheidung der Woche 25-2019 (ZR)

Moritz Stamme

Die Übermittlung eines „presserechtlichen Informationsschreibens“ greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens ein.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH VI ZR 506/17

in: NJW 2019, 781

ZUM 2019, 435

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Die Übermittlung eines „presserechtlichen Informationsschreibens“ greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens ein. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.


B. Sachverhalt (verkürzt)

Die Beklagte zu 1. ist eine Medienrechtskanzlei, die regelmäßig sogenannte „presserechtlichen Informationsschreiben“ per Fax, Post oder E-Mail an ausgewählte Verlage versendet. In dieser Warnmitteilung droht sie mit zivil- und strafrechtlichen Schritten, sofern der Adressat rechtswidrige Berichterstattung über einen prominenten Mandanten publiziert oder eine solche von anderen Verlagen aufgreift. Die Klägerin, eine in Frankfurt ansässige Verlagsgesellschaft, veröffentlicht in einer Rubrik ihrer Zeitung Veröffentlichungen aus der Boulevardpresse über Prominente; u.a. auch über den Beklagten zu 2. Im Oktober 2015 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1. auf, den Versand solcher Informationsschreiben an sie zu unterlassen. Diese verursachten einen erheblichen Mehraufwand bei der Rechtsabteilung der Klägerin, ohne dass dem ein Mehrwert an Information gegenüberstehe. Im Mai 2016 übersandt die Beklagte zu 1. erneut ein solches Schreiben an die Klägerin, mit der Aufforderung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzende, aber nicht genau konkretisierte Bild- und Wortberichterstattung aus der „Bunte“ über den Beklagten zu 2. nicht zu übernehmen.

Dagegen wendet sich die Klägerin und verlangt Unterlassung.


C. Anmerkungen

Der BGH hat das erstinstanzliche Urteil zugunsten der Klägerin wiederhergestellt. Der BGH hatte das Begehren der Klägerin auf den „quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch“ gem. § 1004 analog i.V.m. § 823 BGB zu überprüfen. In einer gutachterlichen Prüfung müssten zusätzlich Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb gem. UWG und der negatorische Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB hinsichtlich einer Eigentumsschädigung am Fax-Gerät geprüft werden.

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird nur gegenüber „betriebsbezogenen“ Eingriffen geschützt. Die direkte Beeinflussung der redaktionellen Arbeit durch das Warnschreiben und die vorgenommene ernsthafte Prüfung des Warnschreibens, was über eine bloße Belästigung hinausgeht, lässt der BGH für den betriebsbezogenen Eingriff genügen.

Da das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein Rahmenrecht ist, wird die Rechtswidrigkeit, die Voraussetzung für den Anspruch ist, nicht indiziert, sondern muss positiv festgestellt werden.Für den BGH ist die Zusendung solcher Warnschreiben auch gegen den Willen des Empfängers grundsätzlich nicht rechtswidrig. Im Streitfall führt aber eine überragende Bewertung des fehlenden „Erkenntnisgewinns“ durch das Warnschreiben zu einer Abweichung von dieser Grundregel. Der Eingriff war somit auch rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung.


D. In der Prüfung

Anspruchsgrundlage:

§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB

I.Analogie des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB

II. Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 S. 2 analog

i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB

1. Eingriff in eine durch § 823 Abs. 1 geschützte Rechtsposition

Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

2. Rechtswidrigkeit des Eingriffs

III. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

Sajuntz, NJW 2018, 589;

Saake/von Bressensdorf, JuS 2015, 683&JuS 2016, 297 (Grundfälle).

 

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