Entscheidung der Woche 29-2025 (ZR)

Tim Nix
Bei der Rückabwicklung eines über eine Leasingsache geschlossenen Kaufvertrags nach mangelbedingtem Rücktritt richtet sich eine Anspruch des Lieferanten (Verkäufers) auf Wertersatz gem. § 346 Abs. 2 S. 1 BGB auch im Fall der leasingtypischen Abtretung der Gewährleistungsansprüche von dem Leasinggeber an den Leasingnehmer grundsätzlich nicht gegen den Leasingnehmer, sondern gegen den Leasinggeber als Käufer (Fortführung von Senat NJW 2014, 1583 Rn. 28 mwN).
Aktenzeichen und Fundstelle
Az: BGH VIII ZR 168/23
in: WM 2025, 416 BeckRS 2024, 35477
A. Leitsätze
1. Bei der Rückabwicklung eines über eine Leasingsache geschlossenen Kaufvertrags nach mangelbedingtem Rücktritt richtet sich eine Anspruch des Lieferanten (Verkäufers) auf Wertersatz gem. § 346 Abs. 2 S. 1 BGB auch im Fall der leasingtypischen Abtretung der Gewährleistungsansprüche von dem Leasinggeber an den Leasingnehmer grundsätzlich nicht gegen den Leasingnehmer, sondern gegen den Leasinggeber als Käufer (Fortführung von Senat NJW 2014, 1583 Rn. 28 mwN).
2. Die Vorschrift des § 406 BGB ist, soweit der Lieferant in Kenntnis des Vorliegens dieser leasingtypischen Abtretungskonstruktion den Kaufvertrag mit dem Leasinggeber geschlossen hat, grundsätzlich nicht zugunsten des Lieferanten anwendbar und damit eine Aufrechnung (§ 387 BGB) mit dem vorbezeichneten Wertersatzanspruch gegen den von dem Leasingnehmer geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aufgrund der fehlenden Gegenseitigkeit dieser Forderung nicht möglich.
(Das BGB wird in seiner Fassung vom 01.01.2022 angewendet)
B. Sachverhalt
Im März 2020 schloss der Kläger als Verbraucher mit der V-GmbH einen Leasingvertrag über ein von der beklagten Fahrzeughändlerin angebotenes Gebrauchtfahrzeug. Die Beklagte vermittelte den Leasingvertrag und verkaufte im Anschluss das Fahrzeug an die V-GmbH als Leasinggeberin. Das Fahrzeug wies einen vor der Übergabe an den Kläger fachgerecht reparierten Unfallschaden auf. Davon hatte der Kläger keine Kenntnis. Nach den Leasingbedingungen trat die V-GmbH als Leasinggeberin „sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag […] wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs“ an den Kläger ab. Der Kläger war sowohl berechtigt als auch verpflichtet, diese Ansprüche und Rechte im eigenen Namen geltend zu machen, wobei bei einem Rücktritt etwaige Zahlungen direkt an die V-GmbH zu leisten waren. Im Dezember 2020 erklärte der Kläger nach erfolgloser Fristsetzung den Rücktritt vom Kaufvertrag.
C. Anmerkungen
Mit seinem Urteil knüpft der BGH an seine Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 13.11.2013 - VIII ZR 257/12 mwN.) in Hinsicht auf die Rechtslage vor dem 01.01.2022 an. Er nutzt diese Chance, um seine bisherige Rechtsprechung zu verfeinern. Der Leasinggeber sei trotz der Abtretung seiner Gewährleistungsrechte weiter als Käufer zu behandeln. Damit ist im Falle eines Rücktritts der Wertersatzanspruch gem. § 346 Abs. 2 S. 1 BGB ausschließlich (!) diesem gegenüber geltend machbar.
§ 406 BGB finde mangels Schutzwürdigkeit des Lieferanten - dieser wüsste um die Leasingkonstellation - keine Anwendung. Dabei verhält der BGH sich nicht dazu, ab wann diese Kenntnis anzunehmen ist.
Diese Argumentation stützt der BGH mit der Gefahr, sich nicht mehr vom Leasingvertrag lösen zu können, dem Risiko der Prozesskosten, dem Motiv des Leasingnehmers, der den Prozess nur deshalb führe, um keine weiteren Leasinggebühren zahlen zu müssen, der erhöhten Absatzchance des Lieferanten durch das Leasing sowie der Möglichkeit des Lieferanten, den Wertersatzanspruch gegenüber dem Leasinggeber abzusichern und die Übereignung durch den Leasinggeber zu verlangen, sobald der Lieferant selbst den Besitz der Sache erlange.
Nicht jedes dieser Argumente trägt die Entscheidung, stützt sich aber gleichwohl.
Insgesamt ist die Entscheidung aber zu begrüßen, insbesondere im Hinblick auf die Praktikabilität des Finanzierungsleasings.
Ob § 406 BGB in allen Fällen unangewendet bleiben muss, hat der BGH soweit noch offen gelassen. Allerdings lässt er offen, ob aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall Ausnahmen zulässig sein können.
D. In der Prüfung
§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB i.V.m. § 398 BGB
I. Anspruch entstanden
1. Wirksamer Kaufvertrag, § 433 BGB
2. Sachmangel, § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB
3. Frist zur Nacherfüllung, § 323 Abs. 1 BGB
4. Rücktrittserklärung, § 349 BGB
II. Anspruch erloschen
1. Aufrechnungserklärung, § 388 BGB
2. Aufrechnungslage, § 387 BGB (P)
E. Literaturhinweise
Mit weiteren Erläuterungen:
RÜ 2025, 65 (Hünert)
Diskutiert in:
JuS 2025, 360 (Omlor)
NJW 2025, 1049 (Koch)
jM 2025, 104 (Hettwer)
Zur Vertiefung:
JuS 2021, 8 (Pierson)
