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Entscheidung der Woche 30-2020 (SR)

Malte Gauger

Dass ehemalige Bewohner nicht mehr in ihren Wohnungen leben, lässt die Wohnungseigenschaft i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht entfallen. (Leitsatz der Redaktion)

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH 3 StR 526/19

in: NJW 2020, 1750

BeckRS 2020, 7873

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Dass ehemalige Bewohner nicht mehr in ihren Wohnungen leben, lässt die Wohnungseigenschaft i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht entfallen. (Leitsatz der Redaktion)


B. Sachverhalt

Nach einigen begangenen Diebeszügen beschließt A, vorrangig in Häuser von Verstorbenen einzubrechen. Über entsprechende Todesfälle informiert er sich durch das Studieren der Traueranzeigen in der Tageszeitung. Er lässt sich für sein Vorhaben die Unterstützung des B zusichern. Seinem Plan entsprechend hebelt A am 6.5.2020 ein Fenster am Haus eines zwei Wochen zuvor Verstorbenen auf. Er steigt ein, während B draußen den Fluchtweg absichert. Die Beute von 60 € Bargeld teilen A und B untereinander auf. Einige Tage später hebelt A die Terrassentür zu einer weiteren Immobilie auf. Auch dieses Haus steht leer, weil dessen Bewohnerin kurz zuvor verstorben war. Dort entnimmt er einen Tresor und flüchtet gemeinsam mit B, der erneut den Fluchtweg absicherte, vom Grundstück. Dem Tresor entnehmen sie später 1.000 € Bargeld.


C. Anmerkungen

In der vorliegenden Entscheidung beschäftigte sich der BGH mit der Frage, ob Wohnungen (auch) dann unter den Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB fallen, wenn die Häuser zur jeweiligen Tatzeit seit dem Tod ihrer Bewohner unbewohnt waren. Der BGH hat das Vorliegen der Qualifikation im Ergebnis angenommen und hat dazu wie folgt ausgeführt: Wohnungen sind zunächst abgeschlossene und überdachte Räume, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Die Häuser waren hier jeweils eingerichtet und als Unterkunft voll funktionstüchtig. Auch führt der BGH ein Wortlautargument an. Der Begriff der Wohnung bezeichne eine für die private Lebensführung geeignete und in sich abgeschlossene Einheit [...]. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei somit der Zweck der Stätte maßgebend, aber nicht, dass das Objekt tatsächlich bewohnt ist. Dieser Argumentation entspreche auch, dass ebenso Wohnmobile und Wohnwagen tatbestandlich auch dann unter den Wohnungseinbruchdiebstahl fallen, wenn sie zur Tatzeit nicht zum Wohnen genutzt werden. Ferner werde die Betrachtungsweise auch von der Gesetzessystematik bestätigt. Denn spätestens mit der Einführung des § 244 Abs. 4 StGB, der den Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung regelt, habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die (dauerhafte) Nutzung der Wohnung nicht als tatbestandliche Voraussetzung des einfachen Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstanden wissen will. Letztlich stellt der BGH auch noch auf den Sinn und Zweck der Qualifikation ab. Die Vorschrift schütze das Eigentum an höchstpersönlichen Gegenständen sowie die häusliche Integrität. Diese Rechtsgüter können auch dann verletzt sein, wenn sie neben den aktuellen Bewohnern weiteren Personen zugeordnet werden können, die einen Bezug zu den Räumlichkeiten aufweisen, etwa weil sie sich häufig in ihnen aufhalten, weil es ihr Elternhaus ist oder weil sie in dem Haus private Gegenstände lagern.


D. In der Prüfung

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Fremde bewegliche Sache

b) Wegnahme

c) § 244 StGB

aa) § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB (P) Wohnungseigenschaft


E. Zur Vertiefung

Zum Wohnungseinbruchdiebstahl allgemein: Rengier, Strafrecht BT I, § 4 Rn. 82ff.;

Siehe vertiefend auch: Bosch, Die Strafbarkeit des Wohnungseinbruchdiebstahls, Jura 2018, 50-59.

 
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