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Entscheidung der Woche 32-2021 (ÖR)

Rocky Glaser

Bei der Zulassung des vorzeitigen Beginns gem. § 8a BImSchG handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: OVG Berlin-Brandenburg, 11 S 78/21

in: BeckRS 2021, 18212

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

1. Bei der Zulassung des vorzeitigen Beginns gem. § 8a BImSchG handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG (Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse v. v. 20. Februar 2020 – OVG 11 S 8/20 -, juris Rn. 8, und v. 18. Dezember 2020 – OVG 11 S 127/20 -). (Rn. 21)

2. Die Rüge, die Behörde habe die Genehmigungsfähigkeit der Gesamtanlage fehlerhaft beurteilt, vermag eine gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG erforderliche Berührung der Vereinigung in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich „durch“ eine angegriffene Zulassung des vorzeitigen Beginns gem. § 8a Abs. 1 BImSchG nur dann zu begründen, wenn nachvollziehbar geltend gemacht wird oder jedenfalls ohne weiteres ersichtlich ist, dass die vorzeitig zugelassenen Maßnahmen als solche geeignet sind, die satzungsmäßigen Aufgabenbereiche der Vereinigung zu berühren. (Rn. 33)


B. Sachverhalt (vereinfacht)

Ein international tätiger Automobilhersteller plant die Errichtung und den Betrieb einer Anlage für den Bau und die Montage von Elektrofahrzeugen im Land Brandenburg. Die zuständige Behörde erteilte auf Antrag am 30.04.2021 die inzwischen 15. Zulassung des vorzeitigen Beginns unter Nebenbestimmungen und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Zulassung an.

Gegen diese behördlichen Maßnahmen suchen zwei anerkannte Umweltverbände i.S.d. § 3 UmwRG gerichtlichen Rechtsschutz. Sie erhoben Widerspruch und beantragten die Aussetzung der sofortigen Vollziehung bei der zuständigen Behörde, welche jedoch abgelehnt worden war. Daraufhin stellten die Verbände einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vor dem zuständigen VG. Der Automobilhersteller wurde beigeladen. Inhaltlich wurde im wesentlichen vorgetragen, dass die erforderliche positive Genehmigungsprognose nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Gesamtvorhaben nicht gestellt werden kann. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Die Antragstellerinnen zogen daraufhin mittels Beschwerde vor das OVG. Dort scheiterten sie im konkreten Fall an der Begründetheit der Beschwerden.


C. Anmerkungen

Die Verbandsklagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten ist vor allem in der mündlichen Prüfung beliebter Prüfungsstoff. Hier lassen sich methodische Kenntnisse in unbekannten Rechtsgebieten sowie gezielt grundlegende Kenntnisse der VwGO überprüfen.

Der vor diesem Hintergrund wohl die Öffentlichkeit beherrschende Konflikt im Land Brandenburg bietet aufgrund der Vielzahl der dortigen Verfahren vielfältige Konstellationen. Während vertiefte Kenntnisse des BImSchG nicht erforderlich sind, muss man § 42 Abs. 2 VwGO durchdrungen haben. Bei den Verbandsklagerechten ist auf § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO zu verweisen. Demnach ist die Geltendmachung, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein, bei abweichender gesetzlicher Regelung nicht erforderlich. Entsprechende Regelungen finden sich in §§ 1 und 2 UmwRG für anerkannte Vereinigungen, die jedoch wiederum Voraussetzungen aufstellen.

Vorliegend fehlte es nach Ansicht des OVG an der nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG durch die Antragstellerinnen notwendigen Geltendmachung des erforderlichen konkreten Bezugs der angegriffenen Entscheidung zu ihren satzungsgemäßen Aufgabenbereichen.


D. In der Prüfung

Vorliegend entschied das OVG im Rahmen der unbegründeten Beschwerden der Antragstellerinnen per Beschluss. Eine für die erste Prüfung wohl wahrscheinlichere Variante dürfte die Konstellation in der Vorinstanz, mithin der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die Vereinigungen im klassischen Aufbau verwaltungsgerichtlicher Streitigkeiten darstellen:


A. Zulässigkeit

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

II. Statthafte AntragsartIII.

(P) Antragsbefugnis


E. Zur Vertiefung

Steiger/Kramp, Grüne Liga gegen Tesla – Kann und soll das Verbandsklagerecht eingeschränkt werden?, ZUR 2020, 358;

Schmidt-Kötters, in: BeckOK VwGO, 58. Edition Stand: 01.10.2019, § 42 VwGO, Rn. 213ff.

 
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