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Entscheidung der Woche 37-2018 (ÖR)

Btissam Boulakhrif

Das Heranziehen der Wunschstudienorte als Primärkriterium ist, sowohl bei der Erstbewerbung als auch bezüglich der Warteliste, verfassungswidrig, da es sich hierbei nicht um ein sachliches Eignungskriterium handelt.

Wo?

Az.: BVerfG 1 BvL 3/14

in: www.bundesverfassungsgericht.de

NJW 2018, 318

NVwZ 2018, 233

 

Was?

BVerfG, Urteil vom 19.12.2017

Das Urteil beruht auf zwei Richtervorlagen bezüglich bundes- und landesgesetzlicher Vorgaben über das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen im Fach Humanmedizin an staatlichen Hochschulen.

In dem Urteil des BVerfG vom 19.12.2017 (1 BvL 3/14) wird konstatiert, dass sich aus Art. 12 Abs. 1 S.1 GG, das Recht jeder StudienplatzwerberIn auf gleiche Teilhabe an staatlichen Studienangeboten und damit auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Studium ihrer Wahl hat. Die bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften zum Vergabeverfahren von Studienplätzen im Fach Humanmedizin wurde vom BVerfG für teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Die Gestaltung der Vergabeverfahren genüge insbesondere nicht den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts. Zudem seien sowohl die starke Gewichtung der Ortspräferenz, als auch die Begrenzung auf sechs Studienorte auf dem Portal Hochschulstart verfassungswidrig. Bezüglich der Wartezeit, entschied das BVerfG, dass nicht mehr als 20% der Plätze über darüber vergeben werden dürften und dass die Länder zu einer Begrenzung der Wartezeit angehalten sind.


Warum?

Die aktuell geltenden Vorschriften, insbesondere in Bayern und Hamburg, genügen nicht dem Gesetzesvorbehalt, da den Universitäten ein zu großer Regelungsspielraum verbleibt, welcher sowohl mit Art. 12 GG, als auch mit Art. 3 GG nicht vereinbar ist.

Das BVerfG schlussfolgert aus dem aus Art. 12 abgeleiteten Gebot der Gleichheitsgerechtigkeit, dass sich Vergabekriterien grundsätzlich an der Eignung für das konkrete Studienfach und den daraus typischerweise folgenden beruflichen Tätigkeiten zu messen hat. Der Gestaltungsspielraum des Staates wird hier durch das Kriterium der Gewähr einer hinreichenden Vorhersagekraft begrenzt.

Das Heranziehen der Wunschstudienorte als Primärkriterium sei, sowohl bei der Erstbewerbung als auch bezüglich der Warteliste, verfassungswidrig, da es sich hierbei nicht um ein sachliches Eignungskriterium handele.

Die Begrenzung der Wartezeitquote auf nicht mehr als 20% ergibt sich daraus, dass es sich bei der Wartezeit nicht um ein Eignungskriterium, sondern vielmehr um eine Kompensation handelt und die Bewerber aus den beiden Hauptquoten „Abiturbesten“ und „Auswahlverfahren“ nicht benachteiligt werden sollen.

Die Forderung einer Begrenzung der Wartezeitdauer folgt daraus, dass die Wartezeit ihre Kompensations- oder auch Ergänzungsfunktion aufgrund derer sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist nur dann erfüllt, wenn die Wartezeit nicht übermäßig lange dauert, da sich gezeigt hat, dass Studierende die über die jetzige Wartezeitquote eine Studienplatz erhielten einen geringeren Studienerfolg nachweisen können und öfter ihr Studium abbrechen als andere Studierende.

Die Abiturbestenquote wurde dagegen als grundsätzlich verfassungsgemäß beurteilt, da diese vorrangig auf die Eignung der Bewerber abstellt.


Zur Vertiefung

NVwZ 2018, 543 – Das Dritte Numerus-Clausus-Urteil des BVerfG. Aufsatz von Dr. Robert Brehm, Alexandra Brehm-Kaiser.

 

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