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Entscheidung der Woche 37-2025 (ÖR)

Yannik Bogel

Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks dessen Funktionsfähigkeit und Programmautonomie zu schützen und muss dem Gebot der Staatsferne folgen.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: 1BVR 2578/ 24

in: Entscheidungsarchiv BVerfG

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks dessen Funktionsfähigkeit und Programmautonomie zu schützen und muss dem Gebot der Staatsferne folgen.

2. Verfehlt der Gesetzgeber diese verfassungsrechtlichen Anforderungen sind die Anstalten des öffentlichen Rundfunks in ihrer Rundfunkfreiheit nach Art.5 I S.2 GG verletzt.

3. Bei der Organisation der Geschäftsleitung aber ist dem Gesetzgeber von Verfassung wegen kein bestimmtes Modell vorgegeben, es kommt ihm vielmehr Gestaltungsfreiheit zu.

4. Die Schaffung eines eigenen Direktoriums neben der Intendanz durch den Landesgesetzgeber verletzt nicht das Recht auf Rundfunkfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.


B. Sachverhalt

Die Länder Berlin und Brandenburg schlossen im November 2023 den rbb-Staatsvertrag, welcher am 01.Januar 2024 in Kraft trat. Damit möchte der Gesetzgeber Konsequenzen aus den 2022 veröffentlichenVersäumnissen bei rbb ziehen und strukturellen Defiziten entgegentreten. So bildet der Staatsvertrag den neuen Rechtsrahmen für rbb.Der öffentliche-rechtliche Rundfunk rbb greift nun in seiner Beschwerde Bestimmungen dieses Staatsvertrages an, vor allem § 15 Nr. 3 und 4. In diesen ist geregelt, dass zusätzlich zur Intendanz ein weiteres Organ der Geschäftsleitung berufen wird, das neue Direktorium. Dessen Zuständigkeiten werden unter Verweis auf die Gesamtverantwortung der Intendanz festgelegt. Ihm werden eigene Geschäftsbereiche zugewiesen, die es selbstständig leitet. Zudem ist es zusammen mit der Intendanz für die Klärung von Meinungsverschiedenheiten, die mehrere Geschäftsbereiche berühren, zuständig.


C. Anmerkungen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde als zulässig, aber unbegründet empfunden.Vor der weiteren Prüfung der Beschwerde hat es festgestellt, dass das BVerfG auch zur Prüfung der entsprechenden Bestimmungen des Staatsvertrags zuständig ist, obwohl Art.5 des EuropäischenMeinungsfreiheitsgesetzes eine eigene Pflicht zur Sicherstellung redaktioneller Unabhängigkeit vorsieht. Die entsprechenden Grundsätze sind schließlich erst auf innerstaatlicher Ebene festzulegen.Bei der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum.

Er hat bei seiner Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen, dass die Funktionsfähigkeit des Rundfunks und seiner Programmautonomie gewahrt werden. Ebenfalls muss er dem Gebot der Staatsferne folgen. Verstößt er gegen diese Anforderungen, so ist die Rundfunkanstalt in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt.

Die vom rbb gerügte Schwächung der Intendanz führt nicht notwendig zu einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit, sondern nur zu einer anderen Entscheidungsstruktur. Die Einrichtung kooperativer Entscheidungsfindungen steht dem Rundfunkgesetzgeber grundsätzlich offen. Zudem dient die Widerspruchsmöglichkeit der Intendanz dazu, untragbare Entscheidungen zu verhindern. Mögliche personelle Konsequenzen für Direktoriumsmitglieder durch den Landesgesetzgeber erhöhen zudem Druck zur Verständigung auf Kompromisslösungen.

D. In der Prüfung

I. Zulässigkeit

II. Begründetheit

1. Schutzbereich

2. Eingriff

3. Rechtfertigung

a) Schranken

b) Schranken-Schranken

(P) Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers


E. Literaturhinweise

Pressemitteilung 75/2025 vom 21. August 2025 des Bundesverfassungsgerichts


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