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Entscheidung der Woche 38-2025 (ZR)

Stravroula Pappou

Ein vertragliches Rücktrittsrecht des Verkäufers wegen einer Vermögensauskunft des Käufers besteht grundsätzlich nur bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises samt damit zusammenhängender Forderungen wie Verzugszinsen.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: BGH V ZR 249/23

in: NJW 2025, 1646

DNotZ 2025, 528

WM 2025 2025, 1204

BeckRS 2025, 4767

A. Orientierungs- oder Leitsätze

Ein in einem Grundstückskaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung vorgesehenes Rücktrittsrecht des Verkäufers für den Fall, dass der Antrag gestellt wird, dass der Erwerber eine Vermögensauskunft zu erteilen und deren Vollständigkeit an Eides statt zu versichern hat, besteht im Zweifel nur bis zur vollständigen Erfüllung der dem Käufer nach dem Kaufvertrag obliegenden Pflicht zur Zahlung der Kaufpreisraten nebst etwaiger Forderungen, die - wie etwa Verzugszinsen - mit der Hauptleistungspflicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.


B. Sachverhalt

Der Rechtsvorgänger des Klägers (im Folgenden: Erblasser) veräußerte an den Beklagten

notariellem Kaufvertrag vom 9.5.2018 zwei Landwirtschaftsflächen und das Wohngrundstück zum Preis von insgesamt 100.000 €. Hinsichtlich der Kaufpreisfälligkeit wurde im Kaufvertrag geregelt, dass dieser in monatlichen Raten zu je 500 € jeweils zum Monatsersten bis zum Tod des Erblassers zu zahlen ist.

Als weitere Gegenleistung vereinbarten die Vertragsparteien ein lebenslanges Wohnungsrecht des Erblassers. Ferner wurden dem Erblasser und seinem Rechtsnachfolger ein vertragliches Rücktrittsrecht eingeräumt für den Fall,

»dass der Antrag gestellt wird, dass der Erwerber ein Vermögensverzeichnis abzugeben und dessen Richtigkeit an Eides Statt zu versichern hat, und der Antrag nicht innerhalb von zwei Monaten zurückgenommen wird."

Zugunsten des Beklagten wurden in den Grundbüchern der Grundstücke Auflassungsvormerkungen eingetragen.

Der Beklagte beglich in der Folgezeit die Raten stets pünktlich. Der Erblasser verstarb am 4.6.2020 und wurde von dem Kläger beerbt. Der Kläger beauftragte am 27.5.2022 die Gerichtsvollzieherin damit, dem Kläger die Vermögensauskunft abzunehmen und die Richtigkeit an Eides statt versichern zu lassen. Grundlage des Vollstreckungsauftrags war ein in einem anderen, mit dem Kaufvertrag nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehenden, Rechtsstreit der Parteien erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss.

Am 31.12.2022 zahlte der Beklagte die durch den Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung.


C. Anmerkungen

Der BGH musste sich mit einem vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrecht in einem Grundstückskaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung und dem aus der Ausübung des Rücktrittsrechts resultierenden Anspruch auf Löschung der im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung beschaftigen. Dabei geht der BGH insbesondere auf die Grundsätze der Vertragsauslegung ein.

Unter Anwendung der Grundsätze der Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB, beidseitige

interessengerechte Auslegung von Relevanz sowie die Berücksichtigung des durch die Beteiligten bei Vertragsschluss beabsichtigten Zwecks der Vereinbarung) hat der BGH entschieden, dass es bei der Vereinbarung einer ratenweisen Kaufpreiszahlung Grundstückskaufvertrag der typischen Interessenlage Beteiligten entspricht, dass die Erfüllung der gestundeten Zahlungspflichten des Käufers abgesichert wird. Insbesondere auch durch Einräumung eines vertraglichen Rücktrittsrechts. Dieses Rücktrittsrecht entfällt jedoch, wenn das Sicherungsinteresse des Verkäufers wegfällt. Dies ist vor allem bei vollständiger Zahlung der gestundeten Kaufpreisbeträge nebst etwaiger in direkter Verbindung zur Hauptforderung stehender Nebenforderungen der

Fall. Knüpft das Rücktrittsrecht in auslegungsbedürftiger Weise daran an, dass der Antrag auf Abgabe einer Vermogensauskunft des Kaufers nebst Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gestellt wird, besteht dieses Rücktrittsrecht im Zweifel nur bis zur vollständigen Erfüllung der dem Käufer nach dem Kaufvertrag obliegenden Pflicht zur Zahlung der Kaufpreisraten nebst etwaiger Nebenforderungen.

Die Entscheidung des BGH veranschaulicht die Grundsätze der Auslegung notarieller Vereinbarungen und hebt noch einmal die Bedeutung möglichst eindeutiger und zweifelsfreier Formulierungen hervor. Insbesondere bei der Vereinbarung von Rücktrittsrechten Zusammenhang Stundungsabreden in Immobilienkaufverträgen sollte zukünftig die Entscheidung des BGH berücksichtigt werden.


D. In der Prüfung

§ 894 BGB analog

1. keine direkte (sondern nur analoge) Anwendung

2. Unrichtigkeit des Grundbuchs

a. Rücktrittserklärung nach § 349 BGB

b. Rücktritt gem. § 323 Abs. 1 BGB

c. Rücktritt durch ein vertragliches Rücktrittsrecht

aa. Antrag auf Vermögenserteilung

bb. Antrag über titulierten Kostenerstattungsanspruch (P; Auslegung

der Vertragsklausel)

3. Ergebnis


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