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Entscheidung der Woche 39-2020 (SR)

Laura Schlunk

Eine Erpressung (§ 253 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Genötigte eine Vermögensverfügung vornimmt, indem er entweder eigene Vermögenswerte preisgibt oder solche, deren Schutz er wahrnehmen kann oder will.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH 3 StR 608/19

in: BeckRS 2020, 22031

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Eine Erpressung (§ 253 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Genötigte eine Vermögensverfügung vornimmt, indem er entweder eigene Vermögenswerte preisgibt oder solche, deren Schutz er wahrnehmen kann oder will. Die Aushändigung von Sachen, die der Genötigte auf entsprechende Forderung des Täters für diesen entwendet hat, stellt keine Vermögensverfügung dar (...).


B. Sachverhalt

Der Angeklagte (A) suchte die Geschädigten zusammen mit weiteren Personen mehrfach in deren Wohnungen auf. Über einen Zeitraum von drei Monaten verlangten A, B und C unter Gewaltanwendung und Drohung von den Geschädigten Geld und andere Wertgegenstände. Zwei andere Täter entwendeten dabei die Ausweispapiere der Betroffenen. Ihr Ziel war es, deren Untertauchen oder Verschwinden zu verhindern.

A hatte Kenntnis von der Situation der Geschädigten und nutzte die Angst des Geschädigten R aus. Er verlangte von R die Entwendung von Gegenständen und ließ sich diese ohne Gegenleistung übergeben. A erhielt eine unbekannte Anzahl von Rasierern und Messern.

Hat A sich wegen Erpressung nach § 253 Abs. 1 StGB strafbar gemacht?


C. Anmerkungen

Das LG verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung in Tateinheit, schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen und Verschaffen falscher amtlicher Ausweise. Er erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der BGH stellte die Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung und die erforderliche Vermögensverfügung des Geschädigten in Frage.

Eine Vermögensverfügung im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB setze eine Preisgabe des eigenen oder des geschützten Vermögens voraus. R wollte vorliegend nicht über sein eigenes Vermögen verfügen oder dieses schützen. Er gab lediglich unmittelbar zuvor gestohlene Gegenstände an A weiter. Sein eigenes Vermögen war nicht betroffen. Gegen die Konstellation einer Dreieckserpressung spreche das fehlende Näheverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Angeklagten. Laut BGH käme lediglich eine Strafbarkeit wegen Nötigung und Anstiftung zum Diebstahl in Tateinheit in Betracht.

Die Revision vor dem BGH hatte insoweit Erfolg.


D. In der Prüfung

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Qualifiziertes Nötigungsmittel

b) Nötigungserfolg

c) Vermögensverfügung

d) Vermögensschaden

2. Subjektiver Tatbestand

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld


E. Zur Vertiefung

Zur Wiederholung der räuberischen Erpressung und dem Begriff der Vermögensverfügung: Kühl in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Auflage, § 253 Rn. 11-16.

 
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