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Entscheidung der Woche 39-2024 (ZR)

Kevin Schmolowski

Haben die Parteien eines Kaufvertrags eine Beschaffenheit der Kaufsache iSv § 434 Abs. 1 S. 1 BGB aF vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB aF gelten soll.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: BGH, Urt. v. 10.4.2024 - VIII ZR 161/23

Fundstelle: NJW 2024, 2246 JuS 2024, 884 LMK 2024, 814903

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Haben die Parteien eines Kaufvertrags (ausdrücklich oder stillschweigend) eine Beschaffenheit der Kaufsache iSv § 434 Abs. 1 S. 1 BGB aF vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB aF gelten soll...

2. Eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses kommt beim Kauf eines (hier fast 40 Jahre alten) Gebrauchtwagens auch dann nicht in Betracht, wenn die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils (hier Klimaanlage) den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet. Insbesondere rechtfertigen in einem solchen Fall weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass sich ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken soll.


B. Sachverhalt

B inserierte 2021 als privater Verkäufer einen fast 40 Jahre alten Oldtimer auf einer Onlineplattform zum Verkauf. In der Beschreibung hieß es: "Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung." Nach einer Probefahrt schlossen B und K einen Kaufvertrag, der einen Ausschluss der Sachmängelhaftung enthielt. Im Mai 2021 stellte K fest, dass die Klimaanlage bereits bei der Übergabe defekt gewesen war. Etwaige Ansprüche wurden durch B als "Nötigung" zurückgewiesen. Daraufhin ließ K die Klimaanlage reparieren und verlangte Kostenersatz von B.


C. Anmerkungen

Im Rahmen der Entscheidung befasst sich der BGH schwerpunktmäßig sowohl mit der Frage, welche Anforderungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung zu stellen sind sowie der Frage nach dem Verhältnis bei einem gleichzeitigen Vorliegen von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss. Hinsichtlich der Beschaffenheitsvereinbarung, bezogen auf die Klimaanlage, hat der BGH zunächst festgestellt, dass nach stRspr eine Beschaffenheitsvereinbarung voraussetzt, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens der Eigenschaft einzustehen. Mithin sind an das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung hohe Anforderungen zu stellen, sodass eine solche nur in eindeutigen Fällen vorliegt. Die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage wurde hier stillschweigend in den Vertrag mit einbezogen und wurde somit zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung gemacht.

Dem steht gerade auch nicht entgegen, dass die Klimaanlage einem Verschleiß unterliegt und es sich um ein fast 40 Jahre altes Auto handelt. Vielmehr entspricht es gerade dem Wesen einer Beschaffenheitsvereinbarung, dass der Verkäufer eine Gewähr für das Vorliegen einer bestimmten Eigenschaft übernimmt und zwar unabhängig davon, ob eine solche Beschaffenheit üblicherweise erwartet werden kann.

Weiterhin musste sich der BGH mit der Frage befassen, ob dem Vorliegen eines Anspruchs die Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses entgegensteht. Problematisch war hierbei insbesondere, dass B und K gerade keine ausdrückliche Ausnahme für die Klimaanlage vorsahen. Im Ergebnis ist jedoch davon auszugehen, dass die beiden Erklärungen sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern nebeneinanderstehen. Der BGH entschied sich folglich für eine Gleichrangigkeit der beiden Abreden. Nur eine solche Auslegung würde den Interessen der Parteien gerecht werden.

Dem vorgebrachten Einwand, dass die Klimaanlage eines Oldtimers altersbedingt typischerweise Abnutzungen erfährt, entsprach der BGH nicht. Der Grundsatz, dass der Gewährleistungsausschluss die Beschaffenheitsvereinbarung unberührt lässt, findet auch dann uneingeschränkt Anwendung, wenn der Verkäufer die Funktionsfähigkeit eines Verschleißteils zugesagt hat. Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss erfasst die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage somit nicht. Vielmehr ist im Ergebnis ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB gegeben


D. In der Prüfung

§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB

1. Schuldverhältnis

2. Pflichtverletzung

(P) Beschaffenheitsvereinbarung bei Verschleißteilen

3. Vertretenmüssen

4. Fristsetzung

5. Ausschluss

(P) Gewährleistungsausschluss - Beschaffenheitsvereinbarung

6. Rechtsfolge


E. Literaturhinweise

Wilke NJW 2023, 633

 

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