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Entscheidung der Woche 40-2020 (ÖR)

Rim Talal

Das Thüringer Paritätsgesetz, welches den Parteien starre paritätische Quoten für die Aufstellung der Landeslisten vorgibt, verstößt gegen die Thüringer Verfassung und ist damit nichtig

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.:ThürVerfGH NVwZ 2020, 1266

in: BeckRS 2020, 15854

LSK 2020, 15854

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Das Thüringer Paritätsgesetz, welches den Parteien starre paritätische Quoten für die Aufstellung der Landeslisten vorgibt, verstößt gegen die Thüringer Verfassung und ist damit nichtig.

Das Paritätsgesetz beeinträchtigt die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Recht auf freie und gleiche Wahlen gemäß Art. 46 I ThürVerf sowie die politischen Parteien in ihrer Betätigungs- und Programmfreiheit sowie in ihrem Recht auf Chancengleichheit gemäß Art. 9 S. 2 ThürVerf i.V.m. Art. 21 I GG.


B. Sachverhalt

Am 30.07.2019 wurde in Thüringen im Rahmen des siebten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes das Paritätsgesetz eingeführt. Dieses Gesetz sah vor, dass Landeslisten durch die politischen Parteien abwechselnd mit Frauen und Männern zu besetzen sind. Die Fraktion der Alternative für Deutschland im Thüringer Landtag hielt die gesetzliche Einführung der geschlechterparitätischen Quotierung der Landeslisten der Parteien für die Wahlen zum Thüringer Landtag für verfassungswidrig und rief daraufhin in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle den Thüringer Verfassungsgerichtshof an. Dieser erklärte das Gesetz für nichtig.


C. Anmerkungen

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet. Durch das Paritätsgesetz wird das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl gemäß Art. 46 I ThürVerf sowie das Recht der politischen Parteien auf Programmfreiheit, Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit gemäß Art. 21 I GG beeinträchtigt. Dies ergibt sich daraus, dass zum Recht auf Teilnahme an der Wahl auch die Möglichkeit, Wahlvorschläge vorzunehmen, gehört. Die Freiheit der Wahl meint, dass die Wahlen nicht durch Zwang und Druck von staatlicher Seite beeinflusst werden sollen. Durch das Paritätsgesetz sind die Wählerinnen und Wähler nicht mehr frei, da eine bestimmte geschlechterbezogene Zusammensetzung des Parlaments determiniert. Auch die Freiheit der Parteimitglieder wird eingeschränkt.

Ihnen ist es nicht mehr möglich, einen Bewerber oder eine Bewerberin ganz unabhängig des jeweiligen Geschlechts zu wählen. Durch die gesetzliche Regelung sind die Parteien gezwungen paritätische Quoten einzuführen. Ferner beeinträchtigt das Paritätsgesetz auch die Gleichheit der Wahl. Bei der Aufstellung einer Liste verlieren Stimmen aufgrund des Gesetzes ihren Einfluss auf das Wahlergebnis und mithin ihren Erfolgswert, wenn diese für eine Frau oder einen Mann abgegeben werden, obwohl deren Kandidatur auf dem konkreten Listenplatz aufgrund des Reißverschlussprinzips nicht zulässig war. Auch die passive Wahlrechtsgleichheit wird durch das Paritätsgesetz beeinträchtigt. Art. 46 II ThürVerf erklärt jeden Bürger, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet und im Freistaat Thüringen seinen Lebenswohnsitz hat, als wählbar und garantiert dadurch jedem Bürger das Recht, sich zur Wahl aufstellen zu lassen. Dabei garantiert ihnen Art. 46 I ThürVerf ein Recht auf Chancengleichheit. Infolge des Paritätsgesetzes haben die Bewerber und Bewerberinnen nicht mehr die gleichen Chancen auf einen Listenplatz. Das liegt daran, dass für die Kandidaten, gleich ob Mann oder Frau, jeweils die Hälfte der Listenplätze wegfällt, auf die sie sich hätten bewerben können, wenn es das Paritätsgesetz nicht gäbe.


D. In der Prüfung

A. Verfassungsmäßigkeit des Paritätsgesetzes

I. Formelle Verfassungsmäßigkeit

II. Materielle Verfassungsmäßigkeit

1. Verstoß gegen passive Wahlrechtsgleichheit

2. Verstoß gegen aktive Wahlrechtsgleichheit

3. Verstoß gegen Freiheit der Wahl

4. Verstoß gegen Freiheit der Parteien

5. Verstoß gegen Chancengleichheit der Parteien

6. Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung

7. Verstoß gegen Demokratieprinzip

III. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

Butzer, NdsVbl 2019, 10;

Gröpl, JuS 2020, 961, (Original-) Refenrendarexamensklausur- Öffentliches Recht: Verfassungsrecht- Wahlrechtliche Paritätsklauseln;

JuS 2020, 994, Verfassungsrecht: Verfassungswidrigkeit eines Paritätsgesetzes für Landtagswahlen.

 

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