Entscheidung der Woche 41-2023 (SR)
Cora Strecker
Ein Teleskopschlagstock ist eine Waffe i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1., erfüllt aber nicht die Strafnorm des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG.
Aktenzeichen & Fundstelle
Az.: BGH 3 StR 81/22
in: BeckRS 2022, 14775
BGH, NStZ-RR 2022, 259
LSK 2022, 14775
FD-StrafR 2022, 450119 (David Püschel)
A. Orientierungs- oder Leitsatz (Leitsätze der Redaktion)
1. Ein Teleskopschlagstock ist eine Waffe i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1., erfüllt aber nicht die Strafnorm des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG.
2. Das Tatbestandsmerkmal „unter der Wirkung“ in § 24a Abs. 2 StVG erfordert keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Es ist schon dann erfüllt, wenn eine der in Anlage zu § 24a StVG genannten Substanzen im Blut nachgewiesen ist und diese Wirkstoffkonzentration eine Fahruntüchtigkeit zumindest möglich erscheinen lässt.
B. Sachverhalt
A und B fuhren zusammen in einem Pkw über die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland. Dabei führten sie wissentlich ca. 1,5 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 17,4% THC mit sich, welches später von Unbekannten gewinnbringend weiterverkauft werden sollte. Beide trugen während der Fahrt jeweils einen in einer um die Brust gehängten Tasche befindlichen Teleskopschlagstock bei sich. A, der Fahrer des Autos, hatte während der Fahrt eine Konzentration von 0,8 ng/ml THC sowie Benzoylecgonin im Blut; Letzteres ist ein Abbauprodukt von Kokain.
C. Anmerkungen
Der BGH hat, anders als das vorinstanzielle Landgericht Kleve, keine Verurteilung wegen eines tateinheitlich begangenen „Verstoßes gegen das Waffengesetz“ angenommen. Auch ist das gegen A verhängte Fahrverbot entfallen. Alleine der Schulspruch wegen jeweils bewaffeneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bleibt bestehen.
Grund für das Entfallen des Verstoßes gegen das Waffengesetz ist, dass ein Teleskopschlagstock zwar unter den Begriff der „Waffe“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 1 Unterabschnitt 2 Ziffer 1.1 fällt, aber nicht unter den Straftatbestand des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG. Dort werden nur Stahlruten, Totschläger und Schlagringe genannt. Wesentliches Kritierium bei Totschlägern ist die Biegsamkeit; nur durch sie wird die beabsichtigte Verstärkung der Schlagwirkung erzeugt. Im Gegensatz zu Stahlruten können sie nicht zusammengeschoben werden und weisen Metallköpfe auf. Bei Teleskopschlagstöcken handelt es sich nicht um Totschläger i.S.d. Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG.
Eine Bestrafung nach § 52 Abs. 3 Nr. 9 i.V.m. § 42 Abs. 1 WaffG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da der Teleskopschlagstock nicht bei einer öffentlichen Veranstaltung geführt worden sei. Soweit es nach § 42a Abs. 1 Nr. 2 WaffG verboten sei, einen Teleskopschlagstock zu führen, stelle ein Zuwiderhandeln nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 53 Abs. 1 Nr. 21a WaffG dar. Dies wurde tateinheitlich zur Straftat des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verwirklicht, weshalb nur das Strafgesetz angewendet wird.
Grund für das Entfallen des Fahrverbots gegen A ist das Tatbestandsmerkmal „unter der Wirkung“ des § 24a Abs. 2 StVG. Dieses erfordert zwar keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, sondern ist vielmehr dann gegeben, wenn eine der in Anlage zu § 24a StVG genannten Substanzen im Blut nachgewiesen wird. Eine Mindestkonzentration ist nicht erforderlich, es ist jedoch entscheidend, ob die nachgewiesene Wirkstoffkonzentration eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit zumindest möglich erscheinen lässt.
Bei THC liegt der Wert, ab dessen Vorliegen keine konkrete Beeinträchtigung mehr gefordert wird, bei 1 ng/ml, mithin ist er vorliegend unterschritten. Für Benzoylecgonin liegt diese Grenze bei 75 ng/ml, aus dem Urteil geht die konkrete Wirkstoffkonzentration allerdings nicht hervor. Unterhalb dieser Grenzwerte muss eine konkrete Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit festgestellt werden, was vorliegend nicht der Fall ist.
D. In der Prüfung
I. Strafbarkeit gem. § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG
1. Tatbestand
a. Objektiver Tatbestand
aa. Tatobjekt: Waffe
bb. Tathandlung: Bei sich führen
b. Subjektiver Tatbestand
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld
4. Ergebnis
II. Strafbarkeit gem. § 53 Abs. 1 Nr. 21a WaffG
III. Strafbarkeit gem. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG
IV. Strafbarkeit gem. § 24a Abs. 2 StVG
E. Literaturhinweise
Patzak/Volkmer/Fabricius/ , 10. Auflage 2022, § 30a BtMG Rn. 72;
BVerwG, NJW 2015, 2439;
BVerfG, NZV 2005, 270.