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Entscheidung der Woche 43-2025 (ÖR)

Janek Steinert

Die Beteiligung am Ehebruch des Ehepartners eines Kameraden ist möglicherweise ein Verstoß gegen die vorgeschriebene Kameradschaftspflicht.

Aktenzeichen und Fundstelle

BVerwG - 2 WD 14.24

A. Orientierungs - oder Leitsätze

  1. Die Beteiligung am Ehebruch des Ehepartners eines Kameraden ist möglicherweise ein Verstoß gegen die vorgeschriebene Kameradschaftspflicht.

  2. Die Kameradschaftspflicht ist disziplinarrechtlich ahnbar, da sie den Zusammenhalt der Streitkräfte schützt.

  3. Die Beteiligung an einem Ehebruch ist nicht dem unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen.

  4. Bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum kann eine Disziplinarmaßnahme gemildert werden.

B. Sachverhalt

Der geschiedene Soldat S ist im selben Bataillon wie der mit der E verheiratete Stabsgefreite G eingeteilt. Im Mai 2022 küsste der S die E. Kurz darauf, im Juli 2022 kam es zu einer sexuellen Beziehung zwischen S und E, nachdem der G aus der gemeinsamen Wohnung mit der S ausgezogen war. Aus der Sicht des G war die Ehe zu diesem Zeitpunkt nicht gescheitert. Das Truppendienstgericht Süd hatte gegen S ein Beförderungsverbot in Dauer von 14 Monaten verhängt und seine Dienstbezüge erheblich gekürzt. S legte hiergegen Berufung ein, mit der Begründung, dass der Dienstherr mit der Regelung A-2610/ 2 klargestellt habe, weniger in das Sexualleben der Soldaten einzugreifen. Außerdem sei er ohnehin schuldlos, da er sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befand.


C. Anmerkungen

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Der Verbotsirrtum war vermeidbar, da der S sich weiter über das Verhältnis von S und E informieren hätte können. Die überdurchschnittlichen Leistungen des S, seine Einsicht und Reue sowie der Irrtum und Grund, die Maßnahme zu mildern. Die bisherige Rechtsprechung hat in der Literatur überwiegend Zustimmung erfahren, ist aber nicht kritiklos. Die allgemeine Regelung A- 2610-2 zum Umgang mit Sexualität in der Bundeswehr lässt erkennen, dass höhere Ansprüche an die disziplinarrechtliche Ahndung für die Beteiligung an einem Ehebruch geben soll.

Insgesamt ist dies aber noch kein Grund, die bestehende Rechtsprechung gänzlich aufzugeben. Die Ehe ist weiterhin eine geschützte Institution des Staates und eine Beteiligung am Verstoß gegen diese ist ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht. Diese ist besonders schützenswert, um den Zusammenhalt der Truppe zu bewahren. Die Maßnahme des Beförderungsverbots wird auf die nächst mildere Maßnahme herabgesenkt, bei welcher sich die Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt.


D. In der Prüfung

A) Zulässigkeit

(P) Außenwirkung des VA

B) Begründetheit

I) Rechtsgrundlage

II) Formelle Rechtmäßigkeit

III) Materielle Rechtmäßigkeit

1. Tatbestand

(P) Verbotsirrtum

2. Rechtsfolge


E. Literaturhinweise

BeckRS 2025, 12958


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