Entscheidung der Woche 46-2021 (SR)
Celina Weddige
Beim „Cash Trapping“ stellt das Anbringen der Metallleiste mit Klebestreifen an den Geldautomaten regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes im Sinne des § 22 StGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn Kunden den entsprechend präparierten Geldautomaten bedienen.
Aktenzeichen & Fundstelle
Az.: OLG Köln 2 Ws 161/20
in: NStZ 2021, 48
BeckRS 2020, 35844
A. Orientierungs- oder Leitsatz
1. Beim „Cash Trapping“ stellt das Anbringen der Metallleiste mit Klebestreifen an den Geldautomaten regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes im Sinne des § 22 StGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn Kunden den entsprechend präparierten Geldautomaten bedienen.
2. Für die Versuchsstrafbarkeit beim „Cash Trapping“ bleibt nur Raum zwischen dem Entschluss des Täters, zum Zweck der Wegnahme sein Versteck zu verlassen, nachdem sich der Kunde von dem präparierten Geldautomaten entfernt hat, und dem Ergreifen und Einstecken der an der Metallleiste klebenden Scheine als Wegnahmehandlung.
B. Sachverhalt
B manipulierte Geldautomaten, indem er an den Geldausgabeschacht Klebestreifen anbrachte, die mit einem Metallprofil versehen waren (sog. „Cash Trapping“). Hebt ein Kunde sodann Geld ab und bedient dafür den Geldautomaten, so bleibt das Geld an dem Klebestreifen kleben. Sobald sich der Kunde von dem Geldautomaten entfernt, besteht die Möglichkeit des Täters, das Geld von dem Klebestreifen zu entfernen und es an sich zu nehmen. Allerdings entfernten sich die Kunden nicht von dem Geldautomaten, sondern riefen die Polizei. In einem anderen Fall schaltete sich der Geldautomat nach der Manipulation des B automatisch aus.
Hat sich B wegen versuchten Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar gemacht?
C. Anmerkungen
Das OLG Köln befasste sich in diesem Fall konkret mit der Frage, ob B durch das Manipulieren der Geldautomaten bereits unmittelbar zur Diebstahltat ansetzte. Unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur Ausführungshandlung dergestalt ansetzt, dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht und nach seiner Vorstellung das geschützte Rechtsgut bereits konkret gefährdet ist. Das OLG Köln verneinte beim „Cash Trapping“ das unmittelbare Ansetzen und stimmte damit der vorherigen Entscheidung des LG zu. Begründet wurde dies damit, dass ein weiterer Willensimpuls für das Vorliegen des unmittelbaren Ansetzens erforderlich gewesen wäre. Wartet der Täter auf die Tatausführung oder überlegt er sich, ob er das Geld tatsächlich aus dem Geldfach nimmt, ist ein solcher Willensimpuls erforderlich. Subjektiv überschritt B gerade nicht die Schwelle zum „jetzt geht es los“, denn B konnte aus seiner Sicht sein weiteres Handeln abbrechen. Für die Wegnahme des Geldes war insbesondere erforderlich, dass sich die Kunden von dem Geldautomaten entfernen, damit B sodann entscheiden kann, ob er das Geld herausnehmen möchte und seine Deckung aufgibt. Entfernen sich die Kunden, besteht zudem die Möglichkeit, dass sich der Täter zum Tatabbruch entschließt. Aufgrund des fehlenden letzten Willensimpulses überschritt B daher gerade nicht subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“.
Des Weiteren verdeutlichte das OLG Köln, dass auch objektiv wesentliche Zwischenschritte erforderlich waren, denn für eine Wegnahme seien das Bedienen des Automaten und das Entfernen der jeweiligen Kunden erforderlich gewesen.
Es wurde auch ein Vergleich zum Versuchsbeginn beim „Skimming“ gezogen, bei dem Geldautomaten und Pins ausgespäht werden. Auch das Anbringen einer solchen Vorrichtung stellt noch kein unmittelbares Ansetzen dar, da Zwischenschritte erforderlich sind. Allerdings verdeutlichte das OLG auch, dass das „Skimming“ und „Cash Trapping“ nicht derart vergleichbar seien, denn das Ausspähen beim „Skimming“ geschehe über einen langen Zeitraum. Zwar begründete die Staatsanwaltschaft das unmittelbare Ansetzen beim „Cash Trapping“ damit, dass der Täter sich in Sichtweite des Geldautomaten aufhält, den Kunden beobachtet und darauf wartet, das Geld herauszunehmen. Jedoch überwiegen laut OLG die Gründe, das unmittelbare Ansetzen aufgrund des fehlenden Willensimpulses und des Erfordernisses weiterer Zwischenschritte abzulehnen. Hierfür spricht auch, dass noch keine konkrete Gefährdung des geschützten Eigentums an den Geldscheinen besteht. Eine solche Gefährdung bestehe erst beim Entfernen der Kunden von dem Geldautomaten. Das „Cash Trapping“, also das Anbringen der Metallleiste, ermögliche lediglich einen späteren Gewahrsamsbruch.
Mithin hat sich B mangels unmittelbaren Ansetzens nicht gem. §§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar gemacht.
D. In der Prüfung
§§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB
0. Vorprüfung
I. Tatentschluss
II. (P) Unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB
E. Zur Vertiefung
Zum Begriff des unmittelbaren Ansetzens: Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 30. Auflage 2019, § 22 Rn. 36ff.