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Entscheidung der Woche 50-2020 (ZR)

Marie-Christin Runkel

Ein Vertrag, dessen Gegenstand das Anbringen von Werbung auf Kraftfahrzeugen ist, wird als Mietvertrag eingeordnet. Die Vorschriften der §§ 535 ff. BGB sind anzuwenden. Es wird kein Erfolg, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche geschuldet.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: BGH – XII ZR 109/17

in: BeckRS 2018, 33342

NZM 2019, 824

 

A. Orientierungs- oder Leitsatz

Ein Vertrag, dessen Gegenstand das Anbringen von Werbung auf Kraftfahrzeugen ist, wird als Mietvertrag eingeordnet. Die Vorschriften der §§ 535 ff. BGB sind anzuwenden. Es wird kein Erfolg, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche geschuldet.


B. Sachverhalt (verkürzt & vereinfacht)

Die Klägerin (K) vertreibt Werbeflächen auf ihren Fahrzeugen, die sie dann an Dritte verleiht. Am 27. Februar 2014 einigten sich die K und der Beklagte (B) darauf, dass K die Werbung des B auf einem ihrer Fahrzeuge anbringen würde. Im Gegenzug sollte B der K einen Nettopreis in Höhe von 1.760 € zahlen. Die Vertragslaufzeit wurde auf fünf Jahre festgelegt. Das Fahrzeug wurde einer Bildungseinrichtung zur Nutzung überlassen. K verlangt von B die Zahlung der Bruttovergütung in Höhe von 2.094,21 € nebst Zinsen, Mahn- und Inkassokosten.


C. Anmerkungen

Das vorinstanzliche Urteil des Landgerichts wird durch das Urteil des BGH aufgehoben. Das LG hatte den Vertrag zwischen den Parteien als Werkvertrag eingeordnet und die Wirksamkeit mangels Bestimmbarkeit des geschuldeten Erfolgs verneint. Im Wesentlichen hat der BGH eine Abgrenzung zwischen den Vertragstypen des Werk- und des Mietvertrags vorgenommen. Im Kern steht die Frage, worin die vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht besteht. K schuldet die dauerhafte Bereitstellung der Werbefläche auf einem ihrer Fahrzeuge, um hierdurch einen Werbeeffekt zu ermöglichen. Das LG hatte die Vereinbarung der Parteien mit Blick auf den hohen Preis dahingehend auslegt, dass K zudem den Werbeerfolg schuldet. Der BGH knüpft daran an, dass K keinen Einfluss auf den konkreten räumlichen und zeitlichen Einsatz des Fahrzeugs hatte. Es sei ihr lediglich möglich gewesen, den Bestand der Werbung auf dem verliehenen Fahrzeug zu sichern. Der Werbeerfolg hinge dagegen vom Einsatz durch die Bildungseinrichtung ab. Diese Tatsache war bei Vertragsschluss offenkundig. Die Erklärungen der Parteien müssten daher nach §§ 133, 157 BGB dahingehend ausgelegt werden, dass K keinen bestimmten Erfolg schuldet. Damit sei die vom LG gerügte Unbestimmtheit des Erfolgs unbeachtlich. Auch wenn es sich bei der Werbefläche um ein mobiles Fahrzeug handelt, sei die Mietsache

hinreichend bestimmt. Geschuldet werde die Gebrauchsüberlassung an der bestimmten Fläche auf dem Fahrzeug.

Die Hautleistungspflicht der K liege demnach in einer Gebrauchsüberlassung im Sinne des § 535 BGB. Es stehe der Anwendung dieser Norm nicht entgegen, dass dem B nicht der Besitz an der Werbefläche verschafft wird. Wie auch bei Mietverträgen über die Reklame an Straßenbahnen bedürfe es in derartigen Fällen keiner Besitzverschaffung. Es entspreche gerade dem Interesse des B, dass die Werbefläche am Fahrzeug im Besitz der Bildungseinrichtung steht, um durch diese Nutzung Werbeerfolgte erzielen zu können.


D. In der Prüfung

Klage des K auf Zahlung der Miete nach

§ 535 Abs. 2 BGB

A. Anspruchsentstehung

I. Zustandekommen des Mietvertrags (P)

(Abgrenzung zum Werkvertrag nach § 631 BGB)

II. Wirksamkeit des Mitvertrags (P)

(Bestimmtheit der Mietsache, Ausnahme der Besitzverschaffung)

B. Rechtsvernichtende Einwendungen

C. Durchsetzbarkeit

D. Ergebnis


E. Zur Vertiefung

Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 44. Auflage 2020, §§ 11.

 
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