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  • Entscheidung der Woche 05-2019 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 05-2019 (SR) Klara Stolz Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestands des § 316a Abs. 1 StGB bei einem nicht verkehrsbedingten Halt ist, dass der Fahrer das Automatikgetriebe bei laufendem Motor auf Dauerbetrieb belässt. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH 4 StR 506/17 in: BeckRS 2018, 2809 JuS 2018, 820 NStZ 2018, 469 A. Orientierungs- oder Leitsatz Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestands des § 316a Abs. 1 StGB bei einem nicht verkehrsbedingten Halt ist, dass der Fahrer das Automatikgetriebe bei laufendem Motor auf Dauerbetrieb belässt und mit dem Fuß die Bremse betätigt, um ein Weiterrollen des Fahrzeugs zu verhindern. B. Sachverhalt A stieg mit einem Küchenmesser in der Jackentasche in das Taxi der B. Am Ziel angelangt, ging A zur Fahrertür und nahm sein Portemonnaie heraus. B dachte, A wolle bezahlen und griff nach ihrem Portemonnaie neben dem Fahrersitz. Dabei lief der Motor des Fahrzeugs, das Automatikgetriebe war auf Dauerbetrieb eingestellt und B betätigte das Bremspedal mit ihrem Fuß. Sodann riss A die Fahrertür auf, um B ihr Portemonnaie zu entwenden, B warf dieses Richtung Beifahrersitz. A drückte B auf das Lenkrad und beugte sich über B, wobei er ihr eine Schnittwunde am Rücken zufügte. In diesem Gerangel rutschte der Fuß der B vom Bremspedal ab, das Taxi rollte über die Straße und stieß auf der gegenüberliegenden Straßenseite gegen eine Mauer. A ging zur Beifahrertür, nahm sich das Portemonnaie und flüchtete. Hat sich A gem. § 316a Abs. 1 StGB strafbar gemacht? C. Anmerkungen Voraussetzung des § 316a StGB ist objektiv ein tatbestandsmäßiger Angriff gegen das Tatopfer als Kraftfahrzeugführer unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs. Dabei wird ausschlaggebend auf den laufenden Motor und den Betrieb eines Kraftfahrzeugs abgestellt. Im Falle eines nicht verkehrsbedingten Halts ferner darauf, dass der Angriff in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Anhaltevorgang steht. Der Schutzzweck der Norm liegt darin, dass der Führer eines in Betrieb gehaltenen Fahrzeugs auch bei einem nicht verkehrsbedingtem Halt im Zeitpunkt des Angriffs mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt sei, sodass er in seinen Abwehrmöglichkeiten beschränkt sei und deswegen leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden könne. Die Voraussetzung der geminderten Abwehrmöglichkeit liegt nach dem BGH insbesondere vor, wenn das Tatopfer das Automatikgetriebe auf Dauerbetrieb belasse und die Bremse betätige, um ein Weiterrollen des Fahrzeugs zu verhindern. Der Führer eines Kraftfahrzeuges sei unter diesen Voraussetzungen jederzeit fahrbereit und mit der Beherrschung dieser Situation beschäftigt. Dabei sei in subjektiver Hinsicht ausreichend, dass der Täter die eingeschränkten Abwehrmöglichkeiten des Opfers erkenne. Nicht erforderlich sei dagegen, dass der Täter eine solche Erleichterung seines Angriffs zur notwendigen Bedingung seines Handelns mache. Der Umstand, dass B ihre Aufmerksamkeit im Zeitpunkt der Tat auf das Kassieren richtete, stelle ein Ausnutzen der Fahrbereitschaft der B durch A nicht in Frage. Das Taxi der B setzte sich in Bewegung, weil B infolge der Rangelei mit A mit ihrem Fuß vom Bremspedal abrutschte. Hierdurch werde deutlich, dass B als Führerin des Taxis weiterhin mit dem Betrieb des Fahrzeugs und der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt war. Gerade dadurch sei sie leichter zum Opfer eines räuberischen Angriffs geworden, sodass der Tatbestand des § 316a Abs. 1 StGB erfüllt ist. D. In der Prüfung I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder die Entschlussfreiheit b) Des Führers eines Kfz oder eines Mitfahrers c) Unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs 2. Subjektiver Tatbestand E. Zur Vertiefung Zur Wiederholung der Tatbestandsmerkmale des § 316a Abs. 1 StGB: Rengier, Strafrecht BT I, § 12 Rn. 3ff., Rn. 21. Entscheidung-der-Woche-05-2019 .pdf PDF herunterladen • 205KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 09-2025 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 09-2025 (SR) Clara Kittelmann Als Anstifter macht sich gem. § 26 StGB strafbar, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt und dabei die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Aktenzeichen und Fundstelle Az : BGH 1 StR 463/23 in: NStZ 2025, 29 A. Orientierungs- oder Leitsätze 1. Als Anstifter macht sich gem. § 26 StGB strafbar, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt und dabei die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Anstifter kann auch sein, wer kein ideelles oder materielles Interesse am Taterfolg hat. Auf seine Motivation kommt es grundsätzlich nicht an. 2. Die Anstiftung zur Anstiftung wird als Anstiftung zur Haupttat bestraft. B. Sachverhalt Der Angeklagte S belieferte als angestellter Kurierdienstfahrer den Geschädigten Ac, den Inhaber einer Kfz-Werkstatt, mit Fahrzeugutensilien. Aus dieser Tätigkeit war ihm bekannt, dass der Ac den Rechnungsbetrag bei Anlieferung der Ware stets in Bar bezahlte und zu diesem Zwecke eine größere Menge Bargeld vorhielt. Kurz vor dem. 29. März 2022 informierte der Angeklagte S den Angeklagten A über diese Umstände. Dabei war ihm bewusst, dass der A diesen Hinweis an zwei ihm unbekannte Personen weitergeben würde, und nahm - ebenso wie der Angeklagte A - billigend in Kauf, dass diese die Informationen nutzen würden, um sich das Bargeld des Ac unter Anwendung von Gewalt widerrechtlich zu verschaffen. Weder S noch A hatten ein eigenes Interesse am Erfolg der Tat. Nach Erhalt des Hinweises durch A beschlossen die Mitangeklagten D und G, dem Geschädigten Ac das mitgeführte Bargeld unter Drohung mit einer Schreckschusswaffe und einem Messer zu entwenden. Da die beiden selber über kein Fahrzeug verfügten, wandten sie sich an den Angeklagten A, der wiederum die Mitangeklagte T dazu bewegen konnte, D und G am 29. März 2022 bei der Flucht aus der Werkstatt des Ac zu helfen. Spätestens als diese sich am Tattag im Fahrzeug maskierten, wurde dem A bewusst, dass D und G bewaffnet waren. In spontaner Erweiterung des Tatplans, forderten D und G neben dem Geschädigten Ac auch den Geschädigten Ak mit vorgehaltener Waffe und unter Bedrohung mit dem Messer zur Herausgabe des Bargelds auf, was jedoch erfolglos blieb. Der Angeklagte A beobachtete das Geschehen von einem Gebüsch aus. Der Angeklagte S befand sich zur Tatzeit zufällig am Tatort und war trotz seines Hinweises an A schockiert von dem Überfall. Als D und G erkannten, dass sie ihr Ziel allein durch Drohung mit der Pistole und dem Messer nicht erreichen würden, flohen sie unverrichteter Dinge vom Tatort. C. Anmerkungen In dem vorliegenden Urteil befasst sich der BGH anhand eines Falles der sog. Kettenanstiftung im Kontext der versuchten räuberischen Erpressung mit den Voraussetzungen der Anstiftung und dem Verhältnis von Anstiftung und Beihilfe. Erforderlich für die Verwirklichung der Anstiftung gem. § 26 StGB sei das vorsätzliche Bestimmen eines anderen zu einer vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat. Auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes setze § 26 StGB voraus, dass der Anstifter die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter als auch das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst (sog. doppelter Anstiftervorsatz) zumindest für möglich hält (kognitives Element) und billigend in Kauf nimmt (voluntatives Element). Indem der S den Hinweis über die anstehende Anlieferung und deren Umstände gab, habe der Kurierdienstfahrer den A zumindest bedingt vorsätzlich dazu veranlasst, seinerseits in den Mitangeklagten D und G den Tatentschluss zu wecken. Sowohl S als auch A wussten dabei um die wesentlichen Einzelheiten der Haupttat und nahmen diese billigend in Kauf. Ferner stehe der Strafbarkeit wegen Anstiftung nicht entgegen, dass weder S noch A ein persönliches Interesse am Taterfolg hatten. Insoweit sei grundsätzlich jedes Hervorrufen des Tatentschlusses als Anstiftung zur Haupttat zu werten. Eine Anstiftung zur Anstiftung (sog. Kettenanstiftung), wie im vorliegenden Fall, werde stets als Anstiftung zur Hautptat bestraft. Unerheblich sei dabei, dass S die Haupttäter nicht kannte und es dem A überlassen war, diese auszuwählen. Weiter bestehe auch kein Grund, an der Kausalität der jeweiligen Anstifterhandlungen zu zweifeln, da A wie auch D und G ihren konkreten Tatentschluss jeweils erst nach Erhalt des Hinweises fassten. Eine "allgemeine Tatbereitschaft" der Haupttäter stehe - anders als bei einem zu einer konkreten Tat fest Entschlossenen - einer Anstiftung durch einen "Tippgeber" nicht entgegen. Ferner stellte der BGH heraus, dass eine etwaige zugleich verwirklichte Beihilfe zur versuchten räuberischen Erpressung durch als weniger schwere Beteiligungsform grundsätzlich hinter der Anstiftung als subsidiär zurücktritt, sofern sich die Beteiligungsformen auf dieselbe Haupttat beziehen, was vorliegend der Fall war. Gleiches gelte für eine unterlassene Hilfeleistung. D. In der Prüfung I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Taterfolg: Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat b) Tathandlung: Bestimmen i.S.d. § 26 StGB c) Kausalität 2. Subjektiver Tatbestand E. Literaturhinweisw Rengier, Strafrecht Allgemeiner Teil, 14. Auflage 2022, § 46 Rn 23 ff., 75f., 128. Entscheidung der Woche 09-2025.pdf .pdf PDF herunterladen • 161KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 02-2024 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 02-2024 (ÖR) Pierre Watermann Das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum ist Sondernutzung. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: OVG Münster - 11 A 339/23 in: BeckRS 2023, 30863 1. Instanz: VG Köln - 21 K 4874/22 A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum ist Sondernutzung. 2. Die pauschale Festsetzung einer Jahresgebühr unabhängig von der Nutzungsdauer innerhalb eines Jahres verstößt gegen das Äquivalenzprinzip, der gebührenrechtlichen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. B. Sachverhalt Für den Zeitraum vom 27.07.2022 bis zum 31.12.2022 hatte die Firma TIER eine Sondernutzungserlaubnis des öffentlichen Straßenraums bei der Stadt Köln beantragt. Inhalt dessen war der Betrieb von E-Scootern im Rahmen eines Verleihsystems. Genauer, das Abstellen jener E-Scooter im sogenannten Free-Floating-System. Die Stadt Köln setzte daraufhin für die 3.600 Fahrzeuge des Unternehmens eine Sondernutzungsgebühr i. H. v. 383.000.- Euro fest, wie es Inhalt der Sondernutzungssatzung, die die Festsetzung einer Jahresgebühr unabhängig von der Dauer der Nutzung vorgibt, ist. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Köln ab. Wegen grundsätzlicher Bedeutung lies es die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zu. Von dieser Möglichkeit machte die Firma TIER Gebrauch. Die Berufung beim Oberverwaltungsgericht hatte Erfolg. C. Anmerkungen Das OVG begründete wie folgt: Die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum in der von TIER praktizierten Weise ist rechtens. Es handelt sich um eine Sondernutzung, nicht um Gemeingebrauch der Straße. Grund hierfür ist, dass nicht vorwiegend das Abstellen der E-Scooter mit einhergehender Wiederinbetriebnahme der anvisierte Verwendungszweck ist, wodurch es gerade keinen Verkehrszwecken dient. Vorrangig ginge es dem Unternehmen um verkehrsfremde Zwecke, namentlich dem Abschluss eines Mietvertrags. Das Abstellen oder Parken von E-Scootern ist rechtlich genauso zu beurteilen wie der Senat das bereits im November 2020 für Mietfahrräder entschieden hat. Unwirksam sind hingegen Satzungsregelungen und der betreffend E-Scooter geregelte Gebührentarif der Stadt, die auch für unterjährige Sondernutzung die Festsetzung der Jahresgebühr vorsehen. Die danach grundsätzlich pauschale Festsetzung der Jahresgebühr unabhängig von der Nutzungsdauer innerhalb eines Jahres verstößt gegen das Äquivalenzprinzip, der gebührenrechtlichen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Mit diesem Grundsatz sei es nicht vereinbar, wenn eine Sondernutzungsgebühr, mit der die für ein ganzes Jahr mit der Sondernutzung verbundenen Beeinträchtigungen und die gleichzeitig verfolgten wirtschaftlichen Interessen abgegolten werden, der Höhe nach identisch ist mit der Gebühr, die bei ansonsten unverändertem Nutzungsumfang für eine nur den Bruchteil eines Jahres erfolgende Nutzung erhoben wird. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. D. In der Prüfung I. Zulässigkeit der Klage II. Begründetheit 1. RGL (P1) Abgrenzung Gemeingebrauch oder Sondernutzung 2. formelle Rechtmäßigkeit 3. materielle Rechtmäßigkeit (P2) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz E. Literaturhinweise NJW 2020, 3797 - Urteil OVG Münster 2020 (Urteil zu Mietfahrrädern); NVwZ 2009, 185 - BVerwG zur Bemessung bei Sondernutzungegbühren; BeckRS 2020, 36882 - OVG Lüneburg zur Rechtmäßigkeit einer Sondernutzungsgebühr. Entscheidung der Woche 02-2024 .pdf PDF herunterladen • 101KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 50-2023 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 50-2023 (SR) Laura Schlunk § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich die Körperverletzung begeht. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH 2 StR 459/21 in: NStZ 2023, 605 Beck RS 2023, 15360 A. Orientierungs - oder Leitsatz § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich die Körperverletzung begeht. Das ist bei einem Unterlassen durch zwei Garanten nicht der Fall. B. Sachverhalt Die Angeklagte (A) brachte Mai 2015 ein gemeinsames Kind mit dem ebenfalls Angeklagten (B) zur Welt. Das Kind (K) wurde vollständig gesund geboren. Nach der Geburt kamen die Angeklagten nicht den Bedürfnissen von K nach. Insbesondere die Ernährung des K wurde vernachlässigt, woraufhin bei einer ärztlichen Untersuchung ein leichtes Untergewicht festgestellt wurde. Ein nachfolgender Kontrolltermin wurde nicht wahrgenommen. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage und den depressiven Verstimmungen der A, wurde K in der Folgezeit weiter nicht ausreichend ernährt. Im Mai 2019 vernahm A ein Röcheln aus dem Kinderzimmer der K, die sich in einem lebensgefährlichen Zustand befand. B konnte K nur noch im regungslosen Zustand auffinden. Im Krankenhaus wurde K wiederbelebt und ein "Hungerdarm" aufgrund von Mangelernährung festgestellt. Dieser hat bei K bleibende Entwicklungsschäden hinterlassen. Haben sich A und B wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen, nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 13 Abs. 1 StGB strafbar gemacht? C. Anmerkungen Das Landgericht bejahte eine gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 13 Abs. 1 StGB. Der BGH lehnte die Qualifikation der gemeinschaftlichen Begehung dagegen ab. Laut BGH sei es fraglich, ob der Tatbestand der gemeinsamen Begehung der Körperverletzung überhaupt durch ein Unterlassen begangen werden könne. Handele es sich um eine gemeinschaftliche Begehung, bei der ein Täter aktiv beteiligt sei und ein weiterer Täter nur rein passiv dazu tritt, so könne schon hier keine Qualifikation nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB angenommen werden. Der Wortlaut stelle zwar keine besonderen Anforderungen an die Art und Qualität der Tatbegehung, jedoch lasse sich bereits aus dem Zweck der Norm erfassen, dass diese nicht durch bloßes Unterlassen erfüllt werden könne. Nach Ansicht des BGH, sei insbesondere die gesteigerte Gefährlichkeit maßgeblich für die höhere Strafandrohung der Qualifikation. Diese bestehe vor allem in dem Zusammenwirken von mehr als einem Täter und den damit verringerten Abwehr- und Fluchtmöglichkeiten des Opfers. Eine solche gesteigerte Gefährlichkeit könne nicht durch das bloße Unterlassen mehrerer anwesender Personen gegeben sein. Der BGH führte weiter aus, dass die erhöhte Strafandrohung der Qualifikation daher nur durch ein aktives Tun mehrerer Täter gerechtfertigt werden könne. Im vorliegenden Fall haben A und B es unterlassen K regelmäßig Nahrung zuzuführen. Es kann kein aktives Tun, sondern lediglich ein Unterlassen festgestellt werden. Die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB wurde nicht erfüllt. A und B haben sich nicht nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 13 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. D. In der Prüfung I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Taterfolg aa) Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB bb) Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB b) Nichtvornahme der gebotenen Rettungshandlung c) Hypothetische Kausalität d) Garantenstellung e) Entsprechungsklausel 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit/Schul E. Literaturhinweise Hardtung in: MüKo-StGB, 4. Auflage 2021, § 224 Rn. 33-39; Eschelbach in: BeckOK StGB, 58. Edition 2023, § 224 Rn. 37-40; BeckRS 2015, 14860. Entscheidung-der-Woche-50-2023 .pdf PDF herunterladen • 192KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 07-2025 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 07-2025 (ÖR) Janek Alexander Steinert Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt die Verbreitung von Meinungen und Tatsachen unabhängig von Form und Kommunikationsmittel. Auch Werturteile sind grundrechtlich geschützt, dieser Schutz erstreckt sich auch auf Aussagen die polemisch oder verletzend sind. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BVerfG 1 BvR 1182/24 Fundstelle: openJur 2025, 8557 A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt die Verbreitung von Meinungen und Tatsachen unabhängig von Form und Kommunikationsmittel. Auch Werturteile sind grundrechtlich geschützt, dieser Schutz erstreckt sich auch auf Aussagen die polemisch oder verletztend sind. 2. Auch wenn Tatsachenbehauptung per Definition keine Meinungen sind, fallen sie insoweit in den Schutzbereich der Meinungsäußerungen, soweit sie Vorraussetzung für die Bildung von Meinungen sind. 3. Der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen endet erst dort, wo sie zur Meinungsbildung nichts beitragen können. 4. Jede Deutung einer Aussage muss den Kontext ihrer Aussage mit einbeziehen. Ihr darf kein Sinn zugemessen werden, den sie objektiv nicht haben kann. Es ist weder der subjektive Wille des Äußernden noch das subjektive Verständnis des Betroffenen entscheidend. Es zählt lediglich die Wirkung auf einen objektiven Dritten. B. Sachverhalt Die Beschwerdeführerin führte 2019 einen Rechtsstreit mit einer Versicherung. Hierfür beauftragte sie einen Anwalt mit Ihrer rechtlichen Vertretung. Im Verlauf des Verfahrens war die Beschwerdeführerin unzufrieden mit der Arbeit des Anwalts und schrieb diesem am 31. Juli 2019 um 13:32 eine E-Mail, deren Inhalt lautete: "Ich habe das Gefühl, dass sie bauen mir absichtlich die Schaden". Kurz darauf, am 2. August 2019 gegen 21:45 schrieb sie ihm: "Sie bauen mir absichtlich Schaden". Am 26. September 2019 um 17:47 folgte ihrerseiten eine E-Mail in der es hieß. "Weil sie mich mit Ihrem Geldschleichen versuchen zu betrogen (...)". Zuletzt, am 8. Oktober 2019, schrieb sie um 23:02 "jetzt werden wir ihre Betrug klären, ihre Inkompetenz (...)". Für diese Aussagen wurde die unbestrafte Beschwerdeführerin im Jahr 2020 wegen Beleidigung gem. § 185 StGB in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 1500€ in 50 Tagessätzen von je 30€ verurteilt. Das Amtsgericht warf der Beschwerdeführerin vor den Geschädigten in seiner Ehre verletzt zu haben, indem sie diesem vorwarf gegen sie zu arbeiten, was ein strafbares Verhalten wäre. Der Anwalt wurde von ihr vor der Anwaltskammer gemeldet, welche aber kein Vergehen des Anwalts feststellte. Die gerichtliche Berufung der Angeklagten vor dem Landgericht blieb ohne Erfolg. Auch ihre Revision vor dem Oberlandesgericht wurde als unbegründet verworfen. Sie erhob Beschwerde gegen die Entscheidungen aller drei Instanzen und sieht sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt. C. Anmerkungen Die Entscheidungen genügen nicht den verfassungsgerichtlichen Maßstäben. Die gerichtlichen Entscheidungen lassen nicht erkennen ob die rechtliche Wurdigung des Falles auf die Annahme einer Tatsachenbehauptung oder die einer Meinungsäußerung stützen. Die Gerichte sprachen davon, dass die Beschwerdeführerin den Betroffenen einer Straftat bezichtigte, dies lässt auf die Annahme einer Tatsachenbehauptung schließen. Die Aussage, dass jemand einen Betrug begehe, kann abhängig vom Kontext durch Elemente einer Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sein. Es fehlt eine Begründung ob der juristische Begriff, welcher auch umgangssprachlich verwendet wird, auch tatsächlich als Vorwurf eines Straftatbestandes bestimmt war. Das Gleiche gilt für die anderen Nachrichten, die die Beschwerdeführerin verfasste. Das Vorliegen von Schmähkritik ist nicht ersichtlich und wurde von den Gerichten richtigerweise nicht angenommen. Um den verfassungsgerichtlichen Maßstäben zu entsprechen wäre eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit der Betroffenen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nötig gewesen. Diese hätte besonders die auf strafrechtlich relevantes Verhalten hindeutenden Aussagen der Beschwerdeführerin, die fehlende Öffentlichkeit der Äußerungen und die persönliche Betroffenheit der Beschwerdeführerin durch den Rechtsstreit beachten müssen. Eine solche wurde nicht vorgenommen, insgesamt fehlte es an einer Kontextspezifischen Würdigung. Die Entscheidungen der Gerichte sind aufzuheben und die Sache ist vom Amtsgericht neu zu entscheiden. D. In der Prüfung A. Zulässigkeit der Klage I. Zuständigkeit des BVerfG (+) II. Beschwerdefähigkei (+) III. Beschwerdegegenstand (+) IV. Bescherdebefugnis (+) V. Rechtswergerschöpfung (+) VI. Form und Frist (+) 1. Begrundetel I. Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG 1. Schutzbereich (+) Eingriff (+) Rechtfertigung (-) C. Ergebnis (+) E. Literaturhinweis https://openjur.de/u/2510398.html Janek Alexander Steinert EdW 6 .pdf PDF herunterladen • 650KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 47-2024 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 47-2024 (ÖR) Pierre Watermann Die Füllmenge einer Fertigpackung ist nach den § 42ff. MessEG, sowie der auf § 44 MessEG beruhenden Fertigpackungsverordnung zu bestimmen, mit denen die Vorgaben der Richtlinien 76/211/EWG umgesetzt worden sind. Nach dieser weiterhin maßgeblichen Richtlinie ist unter Füllmenge die Erzeugnismenge zu verstehen, die die Fertigpackung tatsächlich enthält. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: OVG Münster - Az. 4 A 779/23 Fundstelle: LMuR 2024, 339 1. Instanz: VG Münster - Az. 9 K 2549/19 2. Instanz: OVG Münster - Az. 4 A 779/ 23 A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Die Füllmenge einer Fertigpackung ist nach den § 42ff. MessEG, sowie der auf § 44 MessEG beruhenden Fertigpackungsverordnung zu bestimmen, mit denen die Vorgaben der Richtlinien 76/211/EWG umgesetzt worden sind. Nach dieser weiterhin maßgeblichen Richtlinie ist unter Füllmenge die Erzeugnismenge zu verstehen, die die Fertigpackung tatsächlich enthält. 2. Würste, die nach üblichem Handelsbrauch mit nicht essbaren Wursthüllen und Verschlussclipsen gehandelt werden, sind als solche mit Umhüllung handelbare Waren und damit Erzeugnisse im Sinne des Fertigpackungsrechts. Sie sind erst dann als fertigverpackt anzusehen, wenn sie mit einer Umschließung beliebiger Art (Fertigpackung) an die Verbraucher abgegeben werden sollen. (Leitsätze des Verfassers) B. Sachverhalt "Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei" - so auch dieser Rechtsstreit. Die Klägerin stellt u.a. Wurstwaren mit Fertigverpackungen, welche jeweils mit zwei Wurstendenabbindern in Form von Wurstclipsen und einer Wursthülle versehen sind, her. Bei einer ersten Füllmengenkontrolle am 06.02.2019 stellte die Beklagte wie folgt fest: Bei Fertigverpackungen der Charge „E.M. Geflügel Leberwurst fein" unterschritt der Mittelwert die Nennfüllmenge (130g) i. H. v. 2,3g. Daraufhin untersagte sie mündlich das Inverkehrbringen jener Charge. Die Klägerin vernichtete die Charge daraufhin als selbstbestimmte Maßnahme. Bei einer zweiten Kontrolle am 13.08.2019, diesmal der Charge "T.E1.Leberwurst fein", stellte die Beklagte eine Mittelwertunterschreitung der Nennfüllmenge (130g) i. H. v. 2,6g fest. Er untersagte der Klägerin, nach Anhörung mit einer Übergangsfrist von drei Monaten, das Inverkehrbringen von Fertigverpackungen mit Wurstwaren, bei denen Wurstclipse und die Wursthüllen nicht austariert, sondern der Nettofüllmenge hinzugerechnet werden. Die Klägerin hat hiergegen am 14.10.2019 Klage erhoben. Das VG hat die Klage abgewiesen und keine Berufung zugelassen. Die Klägerin hat ihr Interesse in der Sache dargestellt und Berufung eingelegt. Das OVG hat mit Beschluss vom 16.02.2024 die Berufung der Klägerin, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, zugelassen. C. Anmerkungen Das OVG begründet wie folgt: Die Berufung hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Nach § 50 Abs. 1 Alt. 2 und Abs. 2 S. 1 MessEG treffen die Marktüberwachungsbehörden unter anderem die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass Fertigpackungen die Anforderungen nach Abschnitt 4 (S§ 42 - 44) MessEG nicht erfüllen. Die Füllmenge einer Fertigpackung ist nach den S§ 42ff. MessEG sowie der auf § 44 MessEG beruhenden Fertigpackungsverordnung zu bestimmen. Diese Vorschriften setzen die Vorgaben der RL 76/211/EWG um. Unter Berücksichtigung dieser Richtlinie, womit der Begriff des Erzeugnisses nach Maßgabe des unionalen Rechts zu verstehen ist, ist unter Füllmenge die Erzeugnismenge zu verstehen, die die Fertigpackung tatsächlich enthält. Dabei besteht eine Fertigpackung aus einem Erzeugnis und seiner vollständigen und mengenerhaltenden Umschließung beliebiger Art. Auch Würste, die nach üblichem Handelsbrauch mit nicht essbaren Wursthüllen und Verschlussclipsen gehandelt werden, sind als solche mit Umhüllung handelbare Waren und damit Erzeugnisse im Sinne des Fertigpackungsrechts. Sie sind erst dann als fertigverpackt anzusehen, wenn sie mit einer Umschließung beliebiger Art an die Verbraucher abgegeben werden sollen. Auf einen entsprechenden Handelsbrauch, Würste mit (künstlicher) Umhüllung als nicht fertigverpacktes Erzeugnis anzusehen, deutet zudem bereits die verbreitete und seit Jahrhunderten belegte Kollektivbezeichnung für Wurst als ein in zahlreichen Sorten verbreitetes Nahrungsmittel, das gewöhnlich aus zerkleinertem, gesalzenem und gewürztem Fleisch bereitet und „in (Kunst) Därme, Mägen oder Blasen gefüllt" wird. Hiervon ausgehend unterschritten bzw. unterschreiten die von der Beklagten im Rahmen der im Betrieb der Klägerin durchgeführten Kontrollen festgestellten Füllmengen zu keiner Zeit die Vorgaben nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 FPackV a.F. oder § 9 Abs. 1 Nr. 1 FPackV n.F. Die nicht essbaren Umhüllungen der Würste und die ebenfalls nicht essbaren Metallclipse sind nach den üblichen Handelsbräuchen Teile des zur Bestimmung der Füllmenge maßgeblichen Erzeugnisses Wurst. Das OVG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. D. In der Prüfung I. Rechtsgrundlage: § 50 1, Il MessEG II. Formelle Rechtmäßigkeit III. Materielle Rechtmäßigkeit 1. Tatbestand, §§ 42-44 MessEG: (P) Auslegung Füllmenge E. Literaturhinweise LMuR 2024, 339: OVG NRW: Zur Bestimmung der Nettofüllmenge von fertigverpackten Würsten; GRUR-Prax 2024, 555: Wallau: Zur Bestimmung der Nettofüllmenge bei fertigverpackten Wurstwaren. Entscheidung der Woche 47-2024 .pdf PDF herunterladen • 2.41MB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 02-2023 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 02-2023 (SR) Celina Weddige Handelt der Täter in der Absicht, ein aus seiner Sicht respektloses Verhalten des Opfers mit dem Tod zu bestrafen, so liegt ein niedriger Beweggrund im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB vor. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH 5 StR 358/ 21 in: NStZ 2022, 740 BeckRS 2022, 8075 A. Orientierungs- oder Leitsatz 1. Ein Beweggrund ist niedrig, wenn er nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. 2. Handelt der Täter in der Absicht, ein aus seiner Sicht respektloses Verhalten des Opfers mit dem Tod zu bestrafen, so liegt ein niedriger Beweggrund im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB vor. Das gilt erst recht, wenn er das „geahndete“ Verhalten zuvor selbst ausgelöst hat. B. Sachverhalt A spazierte mit seiner Bekanntschaft B, welche er über ein Dating-Portal kennenlernte, durch einen Park. Bei diesem Spaziergang kamen die beiden an einer S-Bahn-Unterführung vorbei, an welcher ihnen der 13-Jährige C begegnete. C stand unter Einfluss von Ecstasy und schaute auf sein Mobiltelefon, sodass er A und B nicht bemerkte. Aufgrund dessen kam es fast zu einem Zusammenstoß zwischen B und C. B konnte allerdings noch rechtzeitig ausweichen, sodass ein solcher Zusammenstoß verhindert werden konnte. A hingegen empfand das Verhalten des C als respektlos und fragte C, was ihm denn einfallen würde. C erwiderte daraufhin, was denn A von ihm wolle. Daraufhin beleidigte A den C. C widerum beleidigte daraufhin A, woraufhin es zu einem halbminütigen Austausch wechselseitiger Beleidigungen kam. B versuchte A zu beruhigen, was ihr allerdings nicht gelang. Im Gegenteil – A ließ sich nicht beruhigen, sondern zog ein Messer aus seiner Hostentasche hervor als er erkannte, dass er den Jungen anders nicht „einschüchtern und besiegen“ könne. B wurde von A angeschrien, dass sie weitergehen solle. C hingegen ließ sich von dem Messer nicht einschüchtern, sodass die wechselseitigen Beleidigungen weiterhin stattfanden. Dann nahm A das Messer und stach C mit Wucht und gezielt in die Brust. A war bewusst, dass ein solcher Stich zum Tod führen kann, was er allerdings billigend in Kauf nahm. C verblutete und starb. Lag ein niedriger Beweggrund i.S.d. § 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB vor? C. Anmerkungen Das LG Berlin verneinte das Vorliegen eines niedrigen Beweggrundes und nahm lediglich einen Totschlag iSd. § 212 Abs. 1 StGB an. Diese Ablehnung eines niedrigen Beweggrundes i.S.d. § 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB hielt einer rechtlichen Nachprüfung durch den BGH allerdings nicht stand. Niedrige Beweggründe sind solche, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Dabei ist eine Gesamtwürdigung des Einzelfalls vorzunehmen. Insbesondere Gefühlsregungen wie Wut, Hass und Zorn stellen niedrige Beweggründe dar, sofern sie nicht als menschlich verständlich gelten. Sie müssen also gerade aus einer niedrigen Gesinnung des Täters herrühren. Der BGH stellte fest, dass das LG Berlin einige Umstände außer Betracht gelassen hat, welche für die Entscheidung des Vorliegens eines niedrigen Beweggrundes wesentlich gewesen wären. Insbesondere hätte berücksichtigt werden müssen, dass A dem C „eine Lektion erteilen [wollte] und als Sieger vom Platz gehen“ wollte, da C ihnen gegenüber keinen Respekt gezeigt habe. Aufgrund dieses Umstandes wollte A den 13-Jährigen C mit dem Tod bestrafen. Zudem löste A den beleidigenden Charakter der Konversation aus und beherrschte unmittelbar das Ausmaß der Eskalation. A nahm C außerdem als „Junge“ und damit noch als ein Kind wahr. Möglicherweise stehe der Annahme eines niedrigen Beweggrundes entgegen, dass A das Messer spontan zog und vorab nicht plante. Allerdings ist die Annahme eines niedrigen Beweggrundes auch möglich, wenn der Täter seinen Tatentschluss spontan fasst. Weiterhin hielt der BGH dem LG entgegen, dass hätte berücksichtigen werden müssen, dass A zuvor strafrechtlich auffiel, indem er bei einem bloßen Hinweis auf Corona-Regeln gewalttätig reagierte. Dies verdeutliche, dass er sowohl damals als auch in dieser Situation maßlos übertrieben reagiere. Aufgrund dessen hielt die Ablehnung eines niedrigen Beweggrundes einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Demnach verwirklichte A einen niedrigen Beweggrund iSd. § 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB. D. In der Prüfung §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB I. Objektiver Tatbestand 1. Tod eines anderen Menschen 2. Kausalität und objektive Zurechnung II. Subjektiver Tatbestand 1. Vorsatz bzgl. aller objektiven Merkmale 2. Subjektives Mordmerkmal: niedriger Beweggrund E. Literaturhinweise Eser/Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, § 211 Rn. 18ff. Entscheidung-der-Woche-02-2023 .pdf PDF herunterladen • 267KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 17-2022 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 17-2022 (ZR) Raja Mudrak Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigten Mietrückstands ist gem. §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH VIII ZR 32/20 in: NJW 2022, 1014 A. Orientierungs- oder Leitsatz 1. Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigten Mietrückstands ist gem. §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. 2. Der Zahlungsrückstand ist dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. 3. Für eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete und damit für eine richterliche Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs lässt das Gesetzt keinen Raum. B. Sachverhalt Die Beklagte ist seit 2005 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin. Von der Bruttomiete i.H.v. monatlich 704 EUR blieb sie der Klägerin im Januar 2018 135,41 EUR und die volle Monatsmiete für Februar 2018 schuldig. Auf Grund dieser Rückstände erklärte die Klägerin mit Schreiben die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Mietvertrags. Später beglich die Beklagte, die die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB bereits weniger als zwei Jahre zuvor in Anspruch genommen hatte, den Zahlungsrückstand. Der Räumungs- und Herausgabeklage wurde stattgegeben. C. Anmerkungen Auf Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die darauffolgende Revision der Klägerin hatte Erfolg, sodass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wurde. Das Berufungsgericht und der BGH haben zwei verschiedene Auffassungen bzgl. des Kriteriums der Erheblichkeit des Zahlungsrückstands. Während das Berufungsgericht sich für eine Betrachtung der Erheblichkeit der Rückstände der einzelnen Monatsmieten ausspricht, vertritt der BGH, dass dies allein an der Gesamthöhe des Rückstands ermessen werden soll. Das Urteil bietet eine gute Gelegenheit, sich mit den verschiedenen Auslegungsmethoden im Rahmen der Thematik der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund auseinanderzusetzen. D. In der Prüfung I. Rückgabepflicht des Mieters gem. § 546 Abs. 1 BGB 1. Mietverhältnis 2. Beendigung desselben durch Kündigung a. Kündigungserklärung b. Kündigungsgrund gem. §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt.2, 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB c. Kündigungsfrist gem. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB 3. Kein Ausschluss II. Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB 1. Eigentum der Vermieterin 2. Besitz der Mieterin 3. Recht der Mieterin zum Besitz a. Entstanden durch den Mietvertrag b. Durch Beendigung wieder erloschen E. Literaturhinweise K. Schach, BeckOK Mietrecht, 27. Edition, Stand: 01.11.2021, BGB § 543 Rn. 55 – 55b. Entscheidung-der-Woche-17-2022 .pdf PDF herunterladen • 60KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 04-2023 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 04-2023 (ZR) Julia Brandt Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Vermieter einer Autobatterie nach außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags die Fernsperrung der Auflademöglichkeit erlaubt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als Verbraucher unwirksam, wenn... Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BGH XII ZR 89/21 in: NJW 2022, 3575 NZM 2023, 41 A. Leitsatz Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Vermieter einer Autobatterie nach außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags die Fernsperrung der Auflademöglichkeit erlaubt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als Verbraucher unwirksam, wenn dieser die Weiterbenutzung der Batterie und seines – gesondert erworbenen, geleasten oder gemieteten – E-Fahrzeugs im Streitfall nur durch gerichtliche Geltendmachung einer weiteren Gebrauchsüberlassung erreichen kann. Denn die gesetzliche Risikoverteilung in der Miete ist davon gekennzeichnet, dass der Vermieter infolge Überlassung der Mietsache grundsätzlich das Risiko einer nach Vertragsbeendigung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trägt, wogegen er sich, wie verkehrsüblich, durch Vereinbarung einer Mietsicherheit wappnen kann, ebenso wie ihm nach § 546a BGB ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht. B. Sachverhalt Der Kläger (K) begehrt gegenüber der Beklagten (B), die Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln bei Vermietung von Batterien für Elektrofahrzeuge. Die B verwendet bei der Vermietung von Batterien für von ihren Kunden gekaufte oder geleaste Elektrofahrzeuge Allgemeine Batterie-Mietbedingungen. Darin ist u.a festgelegt, dass der B als Vermieterin im Fall der außerordentlichen Vertragsbeendigung, die Speere der Auflademöglichkeit der Batterie erlaubt wird. K wendet sich gegen die Verwendung der AGB mit der Behauptung, diese sei aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam. C. Anmerkung Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der AGB könnte sich aus § 1 UKlaG ergeben. Dafür müsste die B eine ABG verwenden, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam ist. Eine Unwirksamkeit nach den §§ 309, 308 BGB ist nicht ersichtlich, weshalb eine Unwirksamkeit nach § 307 I, II BGB in Betracht kommt. Gemäß § 307 I 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 II Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dabei ist nicht nur auf das gesetzliche Leitbild des konkreten Vertrags abzustellen, sondern auch andere Regelungen und Positionen der Vertragspartner zu berücksichtigen. Die Anwendung der AGB könnte verbotene Eigenmacht gem. § 858 darstellen und Besitzschutzansprüche der Mieter gem. §§ 861, 862 auslösen. Letztlich kommt es auf die Fragestellung genauso wenig an, wie auf die Frage ob die Besitzschutzansprüche bei etwaigem Mitbesitz der B überhaupt Anwendung finden können. Denn die streitgegenständliche Klausel stellt auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen Besitzschutz eine einseitige Vertragsgestaltung dar, mit der die B missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. Durch die allein in der Hand des Vermieters liegende Sperrmöglichkeit wird die weitere Nutzungslast komplett auf den Mieter abgewälzt. Dem Mieter ist die Weiternutzung der Batterie nur mithilfe gerichtlicher Geltendmachung möglich, was für eine unangemessene Benachteiligung spricht. Hinzu kommt, dass dem Mieter dadurch die Nutzung des ganzen Autos unmöglich gemacht wird, da die Batterie herstellergebunden mit dem Fahrzeug verknüpft ist und er sich keine Ersatzbatterie suchen kann. Zwar ist dem Vermieter ein Interesse an der Unterbindung der Weiternutzung nach Vertragsende zuzugestehen. Jedoch hat auch der Mieter ein Interesse an der Sicherung der weiteren Vertragserfüllung, welches insbesondere dann relevant wird, wenn die Wirksamkeit der Kündigung streitig ist. Gesetzlich trägt daher der Vermieter das Risiko der Abnutzung bei Verwendung der Mietsache nach Vertragsende. Dafür steht dem Vermieter neben vertraglichen Abreden ein Nutzungsentschädigungsanspruch aus § 546 a BGB zu. Der derart weitreichende Eingriff in die Privatsphäre des Mieters können die berechtigten Interessen des Vermieters nicht rechtfertigen. Die Risikoverteilung komplett auf den Mieter zu verlagern und und ihm damit auch noch zusätzliche Rechtsverfolgungskosten bei einer streitigen Kündigung entgegen des gesetzlichen Leitbildes anzulasten, ist unangemessen und benachteiligt den Mieter unzumutbar. Die Klausel verstößt damit gegen § 307 I, II BGB und ist damit unwirksam. Daher besteht auch ein Anspruch des K auf Unterlassung der Verwendung der Klausel aus § 1 UklaG gegen B. D. In der Prüfung § 1 UKlaG I. Verwendung von AGB II. Unwirksamkeit nach §§ 307-309 BGB (P) E. Literaturhinweise Wurmnest in: MüKO BGB, 9. Auflage 2022, § 307 Rn. 25-88. Entscheidung-der-Woche-04-2023 .pdf PDF herunterladen • 116KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 37-2019 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 37-2019 (ZR) Antonia Hagedorn Ein Fahrzeug hat einen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, wenn bei Übergabe an den Käufer eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gem. Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH VIII ZR 225/17 in: WM 2019, 424 NZV 2019, 244 A. Leitsatz Ein Fahrzeug hat einen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, wenn bei Übergabe an den Käufer eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gem. Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist. Die Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB der Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich nicht nach der Unterscheidung von Gattungs- und Stückschuld, sondern nach dem Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht. Letztere ist durch Auslegung des Kaufvertrags zu bestimmen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Pflicht zur Ersatzlieferung eine gleichartige und funktionell sowie vertragsmäßig gleichwertige erfasst. Bedeutend ist, ob die konkrete Leistung nach der vertraglichen Vereinbarung als austauschbar anzusehen ist. In diesem Zusammenhang sind Modellwechsel bei Kraftfahrzeugen regelmäßig nicht beachtlich. Ist die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten unverhältnismäßig, so kommt nicht die Einwendung des § 275 Abs. 1 BGB in Betracht, sondern möglicherweise ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 439 Abs. 4 BGB. B. Sachverhalt (verkürzt) Der Kläger hat im Frühjahr 2015 von der Beklagten für 31.350 Euro einen Neuwagen VW Tiguan 2.0 TDI mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 erworben. Das Fahrzeug ist mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf den Prüfstand zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte reduziert. Jedoch ist die Software unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr nicht in Betrieb. Nach Bekanntwerden dieses Umstands wendet sich Käufer K unverzüglich an Fahrzeughändler B und verlangt Ersatzlieferung eines neuen Wagens. Eine solche wird von B verweigert, weil inzwischen nur noch das Nachfolgemodell hergestellt werde und lieferbar sei. Aufgrund der abweichenden Motorisierung und der anderen Maße sei dieses nicht mehr als gleichartige und gleichwertige Sache anzusehen. Demnach beruft B sich auf die Unmöglichkeit der Ersatzlieferung. C. Anmerkungen Infolge des Abgas-Skandals haben viele Käufer den VW-Konzern oder die jeweiligen Fahrzeughändler verklagt. Eine Leitentscheidung des BGH blieb in diesem Zusammenhang jedoch bislang aus. Wie bereits häufig zuvor, ist die Revision in dem betreffenden Verfahren zurückgenommen worden. Dies lässt sich auf für den Käufer vorteilhafte Vergleichsangebote der Beklagten zurückführen. Dennoch erschien es dem BGH als wichtig, sich öffentlich im Wege eines Hinweisbeschlusses mit den streitigen Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Ein solcher ist nach der richterlichen Aufklärungspflicht gem. § 139 ZPO geboten. Dass der Beschluss nicht wie üblich lediglich den Parteien zugestellt, sondern veröffentlicht worden ist, verdeutlicht die Bedeutung einer öffentlichen Stellungnahme zu dem Sachverhalt für die Richterinnen und Richter. Auch wenn keine formelle Bindung an die Rechtsauffassung des BGH besteht, ist anzunehmen, dass sich die Instanzgerichte an ihr orientieren werden. Demnach ist dem Hinweisbeschluss eine herausgehobene Bedeutung für Ausbildung und Praxis beizumessen. D. In der Prüfung I. Anspruch auf Nachlieferung aus §§ 437 Nr. 1, 434 Abs. 1, 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB 1. Kaufvertrag, § 433 BGB 2. Sachmangel, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB 3. Gefahrübergang, § 446 S. 1 BGB 4. Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGB 5. Leistungsverweigerungsrecht, § 439 Abs. 4 BGB 6. Ergebnis E. Zur Vertiefung Wittmann, BGH: Ersatzlieferung beim Kauf von Dieselfahrzeugen mit unzulässiger Umschaltsoftware, LMK 2019, 418 515; Looschelders, Schuldrecht Besonderer Teil, 14. Auflage 2019, § 3 Rn. 2ff. Entscheidung-der-Woche-37-2019 .pdf PDF herunterladen • 115KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 43-2020 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 43-2020 (ÖR) Daniel Müller Das freie Mandat aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG kann beeinträchtigt werden, wenn die Büroräumlichkeiten des Abgeordneten ohne dessen Zustimmung von Dritten betreten werden. Aktenzeichen & Fundstelle BVerfG, Beschl. v. 09.06.2020 – 2 BvE 2/19 in: NVwZ 2020, 1102 (m. Anm.) A. Leitsätze Das freie Mandat aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG kann beeinträchtigt werden, wenn die Büroräumlichkeiten des Abgeordneten ohne dessen Zustimmung von Dritten betreten werden. B. Sachverhalt (verkürzt) Abgeordneter A ist Mitglied der L-Fraktion im Deutschen Bundestag. Anlässlich des Staatsbesuchs des türkischen Staatspräsidenten am 29.09.2018 wurden in Berlin Straßensperrungen vorgenommen. Innerhalb des gesperrten Gebiets befand sich das Abgeordnetenbüro des A. An den Fenstern des Büros waren mehrere Abbildungen von Zeichen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG in Syrien in Papierform angebracht. Nach Aufhebung der Straßensperrungen nahmen Beamte der Polizei beim Deutschen Bundestag Notiz von den Abbildungen. Versuche, den in diesem Zeitpunkt abwesenden A zu kontaktieren, unternahmen die Beamten nicht. Sie betraten das Büro des A und nahmen die Plakatierungen ab. A begehrt im Wege des Organstreitverfahrens die Feststellung, dass er durch das Betreten seiner Räume in seinen verfassungsmäßigen Rechten als Abgeordneter verletzt worden sei. Die Beamten berufen sich auf § 23 der Dienstanweisung für den Polizeivollzugsdienst beim Deutschen Bundestag (DA-PVD), der der Polizei das Betreten eines Raumes zur Abwehr einer Gefahr gestattet. C. Anmerkungen Da es in der Entscheidung um verfassungsmäßige Statusrechte des A und nicht um seine Grundrechte geht, ist das Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG einschlägig. Das BVerfG beschäftigt sich ausführlich mit der Reichweite der Freiheit des Mandats hinsichtlich der den Abgeordneten zugewiesenen Infrastruktur. Diese sieht das Gericht durch das Betreten des Abgeordnetenbüros als beeinträchtigt an und begründet dies mit der Gefahr, dass Arbeitsinhalte und Kommunikationsmittel ohne Willen des Abgeordneten nach außen dringen könnten. Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung zieht das BVerfG die Polizeigewalt des Bundestagspräsidenten in Art. 40 Abs. 2 GG heran. Ob diese als Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen der Bundestagspolizei genügt, lässt es zwar offen. Das Betreten genüge jedoch bereits den Anforderungen des Art. 40 Abs. 2 GG nicht, da es gegen § 23 DA-PVD verstoße. Dieser binde den Bundestag als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift. Das Betreten des Büros ohne Zustimmung des A befand das Gericht jedenfalls für unverhältnismäßig, was wiederum eine Verletzung der Abgeordnetengleichheit aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bedeute. Daher sei diese Maßnahme auch nicht von Art. 40 Abs. 2 GG gedeckt und könne nicht gerechtfertigt werden. D. In der Prüfung A. Zulässigkeit B. Begründetheit Verletzung der Freiheit des Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG? I. Beeinträchtigung des Gewährleistungsgehalts des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 1. Art. 40 Abs. 2 GG als taugliche EGL? 2. Voraussetzungen des Art. 40 Abs. 2 GG Selbstbindung durch § 23 DA-PVD? a. Tatbestandsvoraussetzungen b. Rechtsfolge Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (!) E. Vertiefungshinweise Ramm, NVwZ 2010, 1461; Voßkuhle/Kaufhold, JuS 2016, 314. Entscheidung-der-Woche-43-2020 .pdf PDF herunterladen • 92KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 34-2018 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 34-2018 (ÖR) Anna Ordina Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich nicht um eine (versteckte) Steuer, für die der Bund zuständig ist. Die Länder dürfen den Beitrag festsetzen. Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass jeder den Beitrag zahlen muss, unabhängig davon, ob er ein Empfangsgerät besitzt oder nicht. Wo? BVerfG 1 BvR 1675/16 www.bundesverfassungsgericht.de Was? BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 Die Beschwerdeführer wenden sich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten und im nicht-privaten Bereich. Insbesondere wird die Beitragspflicht für Zweitwohnungen und die Entrichtung von zusätzlichen Beiträgen für Kraftfahrzeuge angegriffen. In dem Urteil des BVerfG vom 18.07.2018 (1 BvR 1675/16) wird außerdem festgestellt, dass die Gesetzgebungskompetenz für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags bei der Ländern liegt. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags für Erstwohnungsinhaber, Betriebsstätteninhaber und Inhaber nicht ausschließlich privat genutzter Kraftfahrzeuge wird als verfassungsgemäß bestätigt. In dem zusätzlichen Beitrag bei Zweitwohnungen hingegen liege ein Verstoß gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit vor. Warum? Bei den Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz, da es sich bei dem Rundfunkbeitrag um einen Beitrag im finanzrechtlichen Sinne handelt und nicht um eine Steuer. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie ohne individuelle Gegenleistung und unabhängig von einem bestimmten Zweck zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Beiträge hingegen werden dem Beitragsschuldner aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen auferlegt. Dabei besteht bei Beiträgen die Besonderheit, dass diese bereits bei einer potentiellen Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden. Die potentielle Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt einen individuellen zurechenbaren Vorteil dar, der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigt. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks können also alle Bürgerinnen und Bürger herangezogen werden, sofern sie die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks realistischerweise empfangen können, aber auch nicht notwendig empfangen müssen. Nicht maßgeblich ist demnach, ob der einzelne Beitragsschuldner willentlich auf den Rundfunkempfang verzichtet. Anders ist es bei einem (zusätzlichen) Beitrag für Zweitwohnungen, da der Gebührenschuldner bereits für seine Erstwohnung zur Leistung herangezogen wurde und damit den (potentiellen) Vorteil abgegolten hat. Es fehle an einem sachlichen Grund für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Vertiefungsaufgabe Vergleichend kann das Urteil des BVerwG herangezogen und gelesen werden, da sich hierin ebenso mit den hier angesprochenen Problemfeldern auseinandergesetzt wird - BVerwG 6 C 49.15. Entscheidung-der-Woche-34-2018 .pdf PDF herunterladen • 263KB Zurück Nächste

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