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  • Entscheidung der Woche 27-2020 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 27-2020 (SR) Yael Prantl Ein Kraftfahrer, der bei einem illegalen Autorennen in einer Ortschaft mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit einen anderen Menschen tötet, kann sich wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen strafbar machen. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH 4 StR 482/19 in: Pressemitteilung d. BGH Nr. 78/2020 v. 18.06.2020 (Entscheidung liegt noch nicht gedruckt vor) A. Orientierungs- oder Leitsatz Ein Kraftfahrer, der bei einem illegalen Autorennen in einer Ortschaft mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit einen anderen Menschen tötet, kann sich wegen heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen strafbar machen. Bei Kraftfahrern, die an einem solchen Autorennen teilnehmen, deren Fahrzeug allerdings nicht mit dem des Unfallopfers kollidiert, bleibt eine Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes vorerst aus. Aufgrund eines mangelnden gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschlusses kann keine Mittäterschaft i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB angenommen werden. B. Sachverhalt A und B lieferten sich nachts in der Innenstadt von C ein illegales Autorennen mit hohen Geschwindigkeiten. Beide rasten auf eine Kreuzung zu und ignorierten dabei die roten Ampeln. A rammte auf der Kreuzung mit bis zu 170 km/h ein Auto, das bei grün regelkonform aus einer Seitenstraße fuhr. Der Fahrer dieses Wagens starb noch am Unfallort. Haben sich A und B wegen mittäterschaftlichen Mordes gem. §§ 211, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht? C. Anmerkungen Das LG Berlin hat auch im zweiten Rechtsgang beide Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Mordes gem. § 211, 25 Abs. 2 StGB verurteilt. Der BGH stimmte dem nur zum Teil zu. Für den unmittelbar beteiligten Unfallverursacher (A) wurde der Schuldspruch wegen Mordes bestätigt. Aufgrund der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Fahrverhaltens des A und der damit einhergehenden unvermeidbaren Unfallträchtigkeit könne auf die billigende Inkaufnahme eines schweren Verkehrsunfalls mit tödlichen Folgen für den Unfallgegner geschlossen werden. A habe den Unfallhergang als möglich erkannt, die damit einhergehende Eigengefahr jedoch als gering eingeschätzt und hingenommen. Der BGH erkennt es damit in diesem Fall als rechtsfehlerfrei an, den bedingten Vorsatz aus den äußeren Tatumständen abzuleiten. Auch die Bewertung der Tat als heimtückischen und Mord aus niedrigen Beweggründen bestätigte der BGH. Bei der Heimtücke sei es nicht erforderlich, dass der Täter das Opfer wahrnehme oder seine Arglosigkeit instrumentalisiere. Die Rücksichtslosigkeit und Selbstsucht der Männer spreche überdies für die Annahme niedriger Beweggründe. Dagegen wies der BGH die Wertung als Mord mit gemeingefährlichen Mitteln in ihrer subjektiven Komponente als rechtsfehlerhaft zurück, was sich jedoch nicht auf den Strafausspruch auswirkte. Die Verurteilung des B wegen mittäterschaftlichen Mordes gem. § 211, 25 Abs. 2 StGB hob der BGH auf. Es mangele insoweit an einem gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschluss. Angesichts der Fokussierung auf das Rennen sei es fernliegend, dass die beiden Angeklagten beim Zufahren auf die Kreuzung ihren gemeinsamen Tatentschluss konkludent auf die Tötung erweitert hätten. Eine mittäterschaftliche Zurechnung der Tat des Unfall-verursachers (A) sei somit nicht ausreichend belegt. Dies ist deshalb vom LG Berlin erneut, in einem dritten Rechtsgang, zu verhandeln. D. In der Prüfung A. Strafbarkeit des A I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tötung eines anderen Menschen b) Tatbezogene Mordmerkmale (2. Gruppe): Heimtücke; mit gemeingefährlichen Mitteln c) Kausalität d) Objektive Zurechnung 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz: Abgrenzung zur Fahrlässigkeit b) Täterbezogene Mordmerkmale: Sonstige niedrige Beweggründe B. Strafbarkeit des B I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tathandlung b) Zurechnung der Tathandlung: gemeinsamer Tatentschluss E. Zur Vertiefung Allgemein zum Mord: Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, 21. Aufl. 2020, § 4; vertiefend: LG Berlin, Urt. v. 26.03.2019 – (532 Ks) 251 Js 52/16 (9/18). Entscheidung-der-Woche-27-2020 .pdf PDF herunterladen • 91KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 37-2025 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 37-2025 (ÖR) Yannik Bogel Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks dessen Funktionsfähigkeit und Programmautonomie zu schützen und muss dem Gebot der Staatsferne folgen. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: 1BVR 2578/ 24 in: Entscheidungsarchiv BVerfG A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks dessen Funktionsfähigkeit und Programmautonomie zu schützen und muss dem Gebot der Staatsferne folgen. 2. Verfehlt der Gesetzgeber diese verfassungsrechtlichen Anforderungen sind die Anstalten des öffentlichen Rundfunks in ihrer Rundfunkfreiheit nach Art.5 I S.2 GG verletzt. 3. Bei der Organisation der Geschäftsleitung aber ist dem Gesetzgeber von Verfassung wegen kein bestimmtes Modell vorgegeben, es kommt ihm vielmehr Gestaltungsfreiheit zu. 4. Die Schaffung eines eigenen Direktoriums neben der Intendanz durch den Landesgesetzgeber verletzt nicht das Recht auf Rundfunkfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. B. Sachverhalt Die Länder Berlin und Brandenburg schlossen im November 2023 den rbb-Staatsvertrag, welcher am 01.Januar 2024 in Kraft trat. Damit möchte der Gesetzgeber Konsequenzen aus den 2022 veröffentlichenVersäumnissen bei rbb ziehen und strukturellen Defiziten entgegentreten. So bildet der Staatsvertrag den neuen Rechtsrahmen für rbb.Der öffentliche-rechtliche Rundfunk rbb greift nun in seiner Beschwerde Bestimmungen dieses Staatsvertrages an, vor allem § 15 Nr. 3 und 4. In diesen ist geregelt, dass zusätzlich zur Intendanz ein weiteres Organ der Geschäftsleitung berufen wird, das neue Direktorium. Dessen Zuständigkeiten werden unter Verweis auf die Gesamtverantwortung der Intendanz festgelegt. Ihm werden eigene Geschäftsbereiche zugewiesen, die es selbstständig leitet. Zudem ist es zusammen mit der Intendanz für die Klärung von Meinungsverschiedenheiten, die mehrere Geschäftsbereiche berühren, zuständig. C. Anmerkungen Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde als zulässig, aber unbegründet empfunden.Vor der weiteren Prüfung der Beschwerde hat es festgestellt, dass das BVerfG auch zur Prüfung der entsprechenden Bestimmungen des Staatsvertrags zuständig ist, obwohl Art.5 des EuropäischenMeinungsfreiheitsgesetzes eine eigene Pflicht zur Sicherstellung redaktioneller Unabhängigkeit vorsieht. Die entsprechenden Grundsätze sind schließlich erst auf innerstaatlicher Ebene festzulegen.Bei der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Er hat bei seiner Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen, dass die Funktionsfähigkeit des Rundfunks und seiner Programmautonomie gewahrt werden. Ebenfalls muss er dem Gebot der Staatsferne folgen. Verstößt er gegen diese Anforderungen, so ist die Rundfunkanstalt in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt. Die vom rbb gerügte Schwächung der Intendanz führt nicht notwendig zu einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit, sondern nur zu einer anderen Entscheidungsstruktur. Die Einrichtung kooperativer Entscheidungsfindungen steht dem Rundfunkgesetzgeber grundsätzlich offen. Zudem dient die Widerspruchsmöglichkeit der Intendanz dazu, untragbare Entscheidungen zu verhindern. Mögliche personelle Konsequenzen für Direktoriumsmitglieder durch den Landesgesetzgeber erhöhen zudem Druck zur Verständigung auf Kompromisslösungen. D. In der Prüfung I. Zulässigkeit II. Begründetheit 1. Schutzbereich 2. Eingriff 3. Rechtfertigung a) Schranken b) Schranken-Schranken (P) Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers E. Literaturhinweise Pressemitteilung 75/2025 vom 21. August 2025 des Bundesverfassungsgerichts Entscheidung der Woche 37-2025 .pdf PDF herunterladen • 95KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 44-2024 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 44-2024 (ÖR) Patrick Carl Cordaro § 20a S. 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz (HSVG) vom 20.07.2023 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen S. 614) verstößt, soweit er auf § 20a Satz 3 HSVG Bezug nimmt, gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und ist nichtig. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BVerfG, Beschl. v. 17.07.2024 - 1 BvR 2133/22 Fundstelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2024/07/rs20240717_1bvr213322.html A. Leitsätze (gekürzt) 1. § 20a S. 1 Hessisches Verfassungsschutzgesetz (HSVG) vom 20. Juli 2023 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen S. 614) verstößt, soweit er auf § 20a Satz 3 HSVG Bezug nimmt, gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und ist nichtig. 2. Technische Mittel nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 HSVG dürfen, soweit kein Fall des § 9 Abs. 2 HSVG vorliegt, nur zur punktuellen und nicht längerfristigen Nachverfolgung der Bewegungen des Mobilfunkendgerätes einer beobachteten Person eingesetzt werden. 3. Für besondere Auskunftsersuchen nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 HSVG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 2-5 HSVG, sowie nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 Nr. 1 und 2 HSVG müssen auch tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass die Schutzgüter des Verfassungsschutzes konkret bedroht sind und dass das gegen sie gerichtete Handeln erfolgreich sein kann. 4. Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangter personenbezogener Daten nach § 20b Abs. 2 HSVG an inländische öffentliche Stellen, die über operative Anschlussbefugnisse verfügen, ist nur zulässig, wenn eine mindestens konkretisierte Gefahr vorliegt. B. Sachverhalt Nach der Änderung des HSVG als Reaktion auf das Urteil des BVerfG zum Bayerschen Verfassungsschutzgesetz in 2023 reichten erneut fünf Personen Verfassungsbeschwerde ein. Die Beschwerde bezog sich auf verschiedene Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse, mitunter Regelungen zur Handyortung, zur Abfrage von Flugdaten und zum Einsatz verdeckter Ermittler. Diese sollen nach Verfahren gem. HSVG das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen, welches Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG ist. C. Anmerkungen Die Verfassungsbeschwerde hat überwiegend Erfolg. Eine Handortung, wie in § 9 Abs. 1 Nr. 2 HSVG vorgesehen, ist ein schwerwiegender Grundrechtseingriff, da er eine enge und vor Allem lange Überwachung der Bewegung erlaube. Es fehle an einer gesteigerten Beobachtungsbedürftigkeit, um einen solchen Eingriff zu rechtfertigen. Auch die Eingriffsschwelle für verdeckte Ermittlungen hält das BVerfG für zu niedrig und damit für verfassungswidrig. Auch bei Abfrage persönlicher Flug- und Reisedaten ist aufgrund ihrer niedrigen Eingriffschwelle verfassungswidrig. Selbst wenn sich die Abfrage also nur auf einen Zeitraum beschränke, könne so dennoch eine weitreichendere Reise- und Fortbewegung nachvollzogen werden. Eine genaue Beschränkung der Abfrage fehle. Auch die Übermittlung von nachrichtendienstlich ermittelten persönlichen Daten an Behörden der Strafverfolgung bei einem Verdacht besonders schwerer Straftaten aus § 20a HSVG gilt als verfassungswidrig. Hier fehlt es der Legaldefinition der besonders schweren Straftaten in § 20a HSVG an Gewicht. § 20 a S. 1 erklärt das BVerfG sodann als nichtig, zumindest, wenn er sich auf S. 3 bezieht. Der hessische Gesetzgeber hat nun Zeit nachzubessern. D. In der Prüfung Rechtssatzsverfassungsbeschwerde I. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde 1. Zuständigkeit 2. Beteiligtenfähigkeit 3. Prozessfähigkeit 4. Tauglicher Beschwerdegegenstand 5. Beschwerdebefugnis a) Möglichkeit der Grundrechtsverletzung b) (P) Betroffenheit des Beschwerdeführers 6. Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität 7. Form und Frist II. Begründetheit Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Schutz der informationellen Selbstbestimmung E. Literaturhinweise https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/1bvr213322-bverfg-verfassungsschutz-hessen-sicherheit-grundrechte Entscheidung der Woche 44-2024 .pdf PDF herunterladen • 431KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 34-2023 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 34-2023 (ZR) Nedime Bagarkasi Beim Autokauf stellt das subjektiv „unangenehme“ Empfinden des Käufers von dem Verhalten des Fahrzeugs bei einer sog. Gefahrenbremsung keinen Sachmangel der Kaufsache dar, wenn... Aktenzeichen & Fundstelle Az.: OLG Zweibrücken - 4 U 187/21 in: BeckRS 2022, 44785 LSK 2022, 44785 RÜ 2023, 480 Vorinstanz: LG Kaiserslautern - 4 O 945/19 A. Orientierungs - oder Leitsätze Beim Autokauf stellt das subjektiv „unangenehme“ Empfinden des Käufers von dem Verhalten des Fahrzeugs bei einer sog. Gefahrenbremsung keinen Sachmangel der Kaufsache dar, wenn die darin verbauten Assistenzsysteme technisch ordnungsgemäß arbeiten und das Fahrzeug tatsächlich kurs- und bremsstabil halten. B. Sachverhalt Der Kläger (K) begehrt von der Beklagten (B) die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises i.H.v. 21.470,00 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Kraftfahrzeugs. K erwarb bei der B einen neuen PkW zum Kaufpreis von 21.470,00 €. Bei der Nutzung des Fahrzeuges hatte K jedoch das Gefühl, dass an der Bremsanlage schwerwiegende Probleme bestehen. Grund hierfür war, dass K den Eindruck gewonnen hatte, dass bei starkem Abbremsen das Fahrzeugs derart stark nach rechts verzieht, dass es entweder zu einem unkontrollierten Fahrbahnwechsel kommt oder die Gefahr besteht,von der Fahrbahn abzukommen. Auch bei einem leichten Abbremsen vernahm K ein leichten „Schlenker“ nach rechts. Daher forderte K die B auf den Mangel zu beseitigen. Nach Überprüfung des Pkw konnte B jedoch keine Mängel feststellen, sodass der Kläger das Fahrzeug im ursprünglichen Zustand zurückerhielt. Mit Schreiben vom 12.11.2019 erklärte K gegenüber B wegen der Nichtbehebung des beanstandeten Problems den Rücktritt vom Kaufvertrag. B war zur Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises nicht bereit, da dieser bei der Überprüfung des Fahrzeugs keine Mängel feststellen konnte. In erster Instanz vor dem Landgericht Kaiserslautern blieb der Kläger K erfolglos. Hiernach legte K Berufung vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken ein. C. Anmerkungen Das OLG hat einen Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Vertrages gem. §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB sowie den hilfsweise begehrten Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 BGB verneint. Grund hierfür ist, dass bereits kein Sachmangel iSd § 434 BGB a.F. vorliegt. Als möglicher Sachmangel kommt lediglich eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. in Betracht. Ob eine Sache der üblichen Beschaffenheit entspricht, ist danach zu beurteilen, ob sich die Sache für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. Die Beurteilung dessen hat aus derSicht eines objektiven Durchschnittskäufers zu erfolgen. So führt das OLG hierzu aus, dass ein Pkw sich für die gewöhnliche Verwendung grundsätzlich dann eignet, wenn das Fahrzeug keine technischen Mängel zeige, die die Zulassung zum Straßenverkehr verhindern oder auch die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen könnten. Im Rahmen der Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, stellt das OLG klar, dass das Kraftfahrzeug während des Bremsvorgangs bremsstabil bleiben müsse. Beim Bremsen habe sich das Fahrzeug demnach spurneutral zu verhalten, sodass ein Ausweichen nach links oder nach rechts nicht bestehen dürfe. Bei durchgeführten Probefahrten waren am Fahrzeug des Klägers zunächst keine Mängel feststellbar. Der Sachverständiger stellte jedoch auch klar, dass das Heck des Fahrzeugs zum Übersteuern neige. Dieses Phänomen des Übersteuerns sei für den Insassen deutlich wahrnehmbar. Es erzeuge beim Fahrer jedoch zunächst nur den Eindruck bzw. das unangenehme Gefühl eines unkontrollierten Schleudervorgangs. Das Fahrzeug selber verfüge nämlich über einen eingebauten und ausreichenden Sicherheitsmechanismus, der das Übersteuern kompensiere und somit das Fahrzeug stabilisiere und einen Schleudervorgang verhindere. Das OLG erklärt hierzu, dass dieses wahrnehmbare und unangenehme Gefühlfür einen Sachmangel i.S.d. § 434 a.F. nicht ausreiche. Die subjektiven Erwartungen des Klägers seien hier nicht entscheidend. Entscheidend sei vielmehr, dass am Fahrzeug des Klägers keine Sicherheitsmängel auftraten und auch die verbauten Assistenzsysteme zuverlässig reagierten, sodass eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nicht vorliege. Das Problem des Übersteuerns trete dabei auch nur im Rahmen einer Gefahrenbremsung ein, die jedoch selber nur selten zur Anwendung komme und damit nicht mit einem alltäglichen Fahrverhalten einhergehe. Mithin gehöre es auch nicht zur üblichen Beschaffenheit eines PKW, dass auch in solchen Ausnahmesituationen ein angenehmes Fahrgefühl des Fahrers gewährleistet werde. So berechtigt ein rein als unangenehm empfundenes Fahrgefühl bei erfolgter Gefahrenbremsung den Käufer eines PKW nicht dazu vom Vertrag zurückzutreten. D. In der Prüfung Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB I. Kaufvertrag II. Sachmangel bei Gefahrübergang (P) III. Angemessene Fristsetzung zur Nacherfüllung (Beachte: Mögliche Entbehrlichkeit § 323 II, 440) IV. Kein Ausschluss des Rücktritts nach § 323 V oder § 323 VI V. Rücktrittserklärung, § 349 VI. Rechtsfolge, § 346 E. Literaturhinweise RÜ 2023, 480 (m. Anm. Jannina Schäfer & mit Anwednung des § 434 n.F.); NJ 2022, 14 Deutschmann: Der neue Sachmangelbegriff des § 434 BGB n.F. Entscheidung-der-Woche-34-2023 .pdf PDF herunterladen • 121KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 27-2025 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 27-2025 (SR) Monika Möller Die in § 226 Abs. 1 StGB bezeichneten schweren Folgen müssen von längerer Dauer sein. Diese "Langwierigkeit" der schweren Folge ist Teil des tatbestandlichen Erfolgs; fehlt es hieran, ist der Tatbestand nicht vollendet. "Längere Dauer" ist dabei nicht mit Unheilbarkeit gleichzusetzen. Es genügt, wenn die Behebung bzw. nachhaltige Verbesserung des – länger währenden – krankhaften Zustands nicht abgesehen werden kann. Aktenzeichen und Fundstelle Az: BGH 1 StR 403/23, Beschl. v. 17.04.2024 In: BeckRS 2024, 10222 openJur 2024, 4623 A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Die in § 226 Abs. 1 StGB bezeichneten schweren Folgen müssen von längerer Dauer sein. Diese "Langwierigkeit" der schweren Folge ist Teil des tatbestandlichen Erfolgs; fehlt es hieran, ist der Tatbestand nicht vollendet. "Längere Dauer" ist dabei nicht mit Unheilbarkeit gleichzusetzen. Es genügt, wenn die Behebung bzw. nachhaltige Verbesserung des – länger währenden – krankhaften Zustands nicht abgesehen werden kann. 2. Die in den Tatplan aufgenommene Identität des Opfers begründet lediglich ein außertatbestandliches Ziel des Täters; erkennt dieser eine Personenverwechselung, steht dies einem Rücktritt vom beendeten Versuch nicht entgegen. 3 . Ein nach der Tätervorstellung "sinnlos gewordener" Tatplan führt weder zum Ausschluss eines Rücktritts noch zwingend zur Unfreiwilligkeit desselben, denn die tatbestandliche Ausgestaltung der Rücktrittsregelung verlangt nicht, dass der Täter sich vom ursprünglichen Ziel seiner Tat abwendet, sondern allein, dass er die tatbestandliche Vollendung verhindert. Maßgeblich ist der sog. Rücktrittshorizont des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung und nicht seine Tatplanperspektive. B. Sachverhalt Der Facharzt A sollte den 17-jährigen unter Autismus leidenden P zur Behebung eines beidseitigen Leistenbruchs operieren. Bei einem weiteren Patienten, dem G, sollte ebenfalls eine Leistenoperation vorgenommen werden und zeitgleich eine Sterilisation durchgeführt werden. Im Zuge der Operation des P führte A irrtümlich eine Sterilisation durch und durchtrennte beide Samenleiter mit dem dafür vorgesehenen Operationsbesteck, weil er ihn mit dem G verwechselte – bei dem dieser Eingriff eigentlich vorgesehen war. Unmittelbar nach seinem Eingriff erkannte A seinen Fehler, informierte die Mutter und vermittelte P an einen Spezialisten. Zwei Wochen später wurde eine sechsstündige Operation zur Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit an P durchgeführt, wobei unklar ist, ob diese tatsächlich erfolgreich war. C. Anmerkungen Das LG verurteilte A wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter schwerer Körperverletzung in Tatmehrheit mit schwerer Körperverletzung zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Diese hielt der revisionsgerichtlichen Prüfung des BGH nicht stand. Zunächst habe das LG das Durchtrennen der beiden Samenleiter des P im Ansatz zutreffend rechtlich als beendeten Versuch einer schweren Körperverletzung gewertet. Weil die Zeugungsfähigkeit des P zwei Wochen nach der Sterilisation – nicht ausschließbar und damit in dubio pro reo – wiederhergestellt wurde, fehle es nämlich an der Langwierigkeit und damit am Eintritt der schweren Folge, womit die Tat nicht vollendet worden sei. Der Versuch sei auch gerade nicht fehlgeschlagen, vielmehr habe der A die Vollendung der Tat weiterhin für möglich gehalten. Nach der Rspr. des BGH mache auch ein error in persona die Tat nicht fehlgeschlagen, solange die Vollendung noch verhindert werden könne. In der Literatur werde ein Rücktritt in solchen Fällen auch überwiegend für möglich gehalten, sofern der Täter sich um die Rettung des Opfers bemühe. Mit dem Durchtrennen der Samenleiter habe A alles für die Zeugungsunfähigkeit des P getan gehabt. Erst mit der Erkenntnis des error in persona habe sich für ihn die Möglichkeit eines Rücktritts ergeben, indem er aktiv Maßnahmen zur Verhinderung der dauerhaften Unfruchtbarkeit ergriff. Jedoch habe das LG bei der Beurteilung der Freiwilligkeit des Rücktritts einen unzutreffenden Maßstab angelegt. Es hätte sich hierfür am Tatbegriff des § 24 StGB orientieren müssen, nicht am Tatplan des A. Das neue Tatgericht müsse nun prüfen, ob der A die Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit eigenständig veranlasst habe oder sich durch die Tataufdeckung dazu gezwungen sah. D. In der Prüfung A. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, § 226 I Nr. 1 Var. 4 StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand des Grunddelikt und der Qualifikation 2. Subjektiver Tatbestand (Vorsatz bzgl. des Grunddelikts und Vorsatz bzgl. verwirklichter Qualifikationsmerkmale) 3. Erfolgsqualifikation des § 226 I Nr. 1 Var. 4 StGB (-) II. Rechtswidrigkeit und Schuld B. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, 226 I Nr. 1 Var. 4, II, 22, 23 I StGB I. Vorprüfung (Strafbarkeit des Versuchs und Nichtvollendung) II. Tatentschluss III. Unmittelbares Ansetzen IV. Rechtswidrigkeit und Schuld V. Rücktritt 1. kein fehlgeschlagener Versuch (P) 2. unbeendeter oder beendeter Versuch 3. Verhinderung der Vollendung 4. Freiwilligkeit E. Literaturhinweise Wegner/Zech/Krüger/Wenglarczyk, Studienbuch Strafrecht BT I, 2024, S. 148. Schönke/Schröder/Eser/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 24 Rn. 11. Entscheidung der Woche 27-2025 .pdf PDF herunterladen • 221KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 35-2024 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 35-2024 (ÖR) Janek Alexander Steinert Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BVerfG, Beschl. v. 05.12.2023 - 2 BvR 1749/20 Fundstelle: openJur 2024, 3447 A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein.  2. Ein Eingriff in Form einer Durchsuchung kann nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 2 GG gerechtfertigt werden. 3. Dem erheblichen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen entspricht ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein, was nicht der Fall ist, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. 4. Der jeweilige Eingriff muss in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der konkreten Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen. 5. Die Auffindewahrscheinlichkeit ist insbesondere bei länger zurückliegenden Ereignissen oder bei Kenntnis des Betroffenen von den Ermittlungen sorgfältig zu prüfen. B. Sachverhalt Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde am 13. Mai 2019 bei einer "Adbusting"- Aktion, also dem Austauschen eines Werbeplakates durch eine optisch sehr ähnliche, aber verfälschte Version, von zwei Polizisten beobachtet. Die Polizisten verhinderten den Versuch, hingen das abgehangene Plakat zurück und stellten das mitgebrachte fremde Plakat sowie ein spezielles Werkzeug zum Öffnen von Schaukästen sicher. Am 15. Juni 2019 wurden mehrere verfälschte Plakate festgestellt, die Anzeige wurde gegen "Unbekannt" geführt. Am 17. Juli 2019 ordnete das Amtsgericht Tiergarten die Untersuchung der Wohnung der Bf. an, da man sie des Diebstahls verdächtigte und davon ausging mögliche weitere Plakate sicherzustellen. Diese wurde am 6. September durchgeführt. Am 3. Dezember 2019 wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Bf. eingestellt, da die Schuld gering sei und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bestehe. Die Bf. erhob am 16. Juli 2020 Beschwerde gegen denDurchsuchungsbeschluss. Ihrer Begründung nach sei die Durchsuchung unverhältnismäßig gewesen, weiterhin sei "Adbusting" grundrechtlich geschützt. Am 24. August 2020 beschloss das Landgericht Berlin, dass die Beschwerde der Bf. unbegründet sei. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Bf. die die Verletzung ihrer Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG, ihrer Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG und ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG. C. Anmerkungen Die Annahme des Landgerichts, dass ein versuchter Diebstahl vorliege ist nicht haltbar, da eine Zueignungsabsicht beim ursprünglichen Fall nicht anzunehmen ist. Die Durchsuchungsanordnung sei dem Rechtfertigungsbedürfnis für den schweren Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre der Betroffenen nicht gerecht geworden. Auch die Geringwertigkeit der Sache sei nicht berücksichtigt worden. Außerdem waren die Erfolgsaussichten einer Untersuchung dadurch geschmälert, dass die Beschwerdeführerin über zwei Monate Zeit hatte, um mögliche Beweismittel zu beseitigen. Für die Ermittlungen für das versuchte Austauschen am 13. Mai 2019 sei eine Untersuchung nicht erforderlich gewesen, da bereits alle nötigen Beweise in Form von Tatwerkzeug und Plakat sichergestellt worden waren. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig und auch begründet, da ein ungerechtfertigter Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung vorliege. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei durch die Anordnung der Untersuchung und ihrer Durchführung verletzt worden. Ein Eingriff in die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin war weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten und des Landgerichts Berlin haben die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzt. Der Beschluss des Landgerichts sei daher aufzuheben. Der amtsgerichtliche Beschluss solle nicht aufgehoben werden, da seine Wirkung mit Vollstreckung der Durchsuchung entfallen sei. D. In der Prüfung A. Zulässigkeit der Klage I. Zuständigkeit des BVerfG (+) II. Beschwerdefähigkeit (+) III. Beschwerdegegenstand (+) V. Bescherdebefugnis (+) (P) Gegenwärtigkeit bei bereits ausgeführtem Akt V. Rechtswergerschöpfung (+) VI. Form und Frist (+) B. Begründetheit I. Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG (-) II. Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG 1. Schutzbereich 2. Eingriff (+) 3. Rechtfertigung (-) C. Ergebnis (+) E. Literaturhinweis https://openjur.de/u/2486105.html Entscheidung der Woche 35-2024 .pdf PDF herunterladen • 464KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 46-2021 (SR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 46-2021 (SR) Celina Weddige Beim „Cash Trapping“ stellt das Anbringen der Metallleiste mit Klebestreifen an den Geldautomaten regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes im Sinne des § 22 StGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn Kunden den entsprechend präparierten Geldautomaten bedienen. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: OLG Köln 2 Ws 161/20 in: NStZ 2021, 48 BeckRS 2020, 35844 A. Orientierungs- oder Leitsatz 1. Beim „Cash Trapping“ stellt das Anbringen der Metallleiste mit Klebestreifen an den Geldautomaten regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes im Sinne des § 22 StGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn Kunden den entsprechend präparierten Geldautomaten bedienen. 2. Für die Versuchsstrafbarkeit beim „Cash Trapping“ bleibt nur Raum zwischen dem Entschluss des Täters, zum Zweck der Wegnahme sein Versteck zu verlassen, nachdem sich der Kunde von dem präparierten Geldautomaten entfernt hat, und dem Ergreifen und Einstecken der an der Metallleiste klebenden Scheine als Wegnahmehandlung. B. Sachverhalt B manipulierte Geldautomaten, indem er an den Geldausgabeschacht Klebestreifen anbrachte, die mit einem Metallprofil versehen waren (sog. „Cash Trapping“). Hebt ein Kunde sodann Geld ab und bedient dafür den Geldautomaten, so bleibt das Geld an dem Klebestreifen kleben. Sobald sich der Kunde von dem Geldautomaten entfernt, besteht die Möglichkeit des Täters, das Geld von dem Klebestreifen zu entfernen und es an sich zu nehmen. Allerdings entfernten sich die Kunden nicht von dem Geldautomaten, sondern riefen die Polizei. In einem anderen Fall schaltete sich der Geldautomat nach der Manipulation des B automatisch aus. Hat sich B wegen versuchten Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar gemacht? C. Anmerkungen Das OLG Köln befasste sich in diesem Fall konkret mit der Frage, ob B durch das Manipulieren der Geldautomaten bereits unmittelbar zur Diebstahltat ansetzte. Unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur Ausführungshandlung dergestalt ansetzt, dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht und nach seiner Vorstellung das geschützte Rechtsgut bereits konkret gefährdet ist. Das OLG Köln verneinte beim „Cash Trapping“ das unmittelbare Ansetzen und stimmte damit der vorherigen Entscheidung des LG zu. Begründet wurde dies damit, dass ein weiterer Willensimpuls für das Vorliegen des unmittelbaren Ansetzens erforderlich gewesen wäre. Wartet der Täter auf die Tatausführung oder überlegt er sich, ob er das Geld tatsächlich aus dem Geldfach nimmt, ist ein solcher Willensimpuls erforderlich. Subjektiv überschritt B gerade nicht die Schwelle zum „jetzt geht es los“, denn B konnte aus seiner Sicht sein weiteres Handeln abbrechen. Für die Wegnahme des Geldes war insbesondere erforderlich, dass sich die Kunden von dem Geldautomaten entfernen, damit B sodann entscheiden kann, ob er das Geld herausnehmen möchte und seine Deckung aufgibt. Entfernen sich die Kunden, besteht zudem die Möglichkeit, dass sich der Täter zum Tatabbruch entschließt. Aufgrund des fehlenden letzten Willensimpulses überschritt B daher gerade nicht subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“. Des Weiteren verdeutlichte das OLG Köln, dass auch objektiv wesentliche Zwischenschritte erforderlich waren, denn für eine Wegnahme seien das Bedienen des Automaten und das Entfernen der jeweiligen Kunden erforderlich gewesen. Es wurde auch ein Vergleich zum Versuchsbeginn beim „Skimming“ gezogen, bei dem Geldautomaten und Pins ausgespäht werden. Auch das Anbringen einer solchen Vorrichtung stellt noch kein unmittelbares Ansetzen dar, da Zwischenschritte erforderlich sind. Allerdings verdeutlichte das OLG auch, dass das „Skimming“ und „Cash Trapping“ nicht derart vergleichbar seien, denn das Ausspähen beim „Skimming“ geschehe über einen langen Zeitraum. Zwar begründete die Staatsanwaltschaft das unmittelbare Ansetzen beim „Cash Trapping“ damit, dass der Täter sich in Sichtweite des Geldautomaten aufhält, den Kunden beobachtet und darauf wartet, das Geld herauszunehmen. Jedoch überwiegen laut OLG die Gründe, das unmittelbare Ansetzen aufgrund des fehlenden Willensimpulses und des Erfordernisses weiterer Zwischenschritte abzulehnen. Hierfür spricht auch, dass noch keine konkrete Gefährdung des geschützten Eigentums an den Geldscheinen besteht. Eine solche Gefährdung bestehe erst beim Entfernen der Kunden von dem Geldautomaten. Das „Cash Trapping“, also das Anbringen der Metallleiste, ermögliche lediglich einen späteren Gewahrsamsbruch. Mithin hat sich B mangels unmittelbaren Ansetzens nicht gem. §§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar gemacht. D. In der Prüfung §§ 242 Abs. 1, 2, 22 StGB 0. Vorprüfung I. Tatentschluss II. (P) Unmittelbares Ansetzen i.S.d. § 22 StGB E. Zur Vertiefung Zum Begriff des unmittelbaren Ansetzens: Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 30. Auflage 2019, § 22 Rn. 36ff. Entscheidung-der-Woche-46-2021 .pdf PDF herunterladen • 83KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 17-2020 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 17-2020 (ZR) Jonas Vonjahr Bei der Rückgabe einer Mietsache durch eine GbR ist im Falle der Gesamtvertretung erforderlich, dass alle Gesellschafter den Willen zur Besitzaufgabe mittragen. Aktenzeichen & Fundstelle Az.: OLG Frankfurt, Urt. v. 10.05.2019 – 2 U 39/19 in: ZIP 2019, 2011 A. Orientierungssatz Bei der Rückgabe einer Mietsache durch eine GbR ist im Falle der Gesamtvertretung erforderlich, dass alle Gesellschafter den Willen zur Besitzaufgabe mittragen. Erlangt der Vermieter ohne den Willen eines Gesellschafters unmittelbaren Besitz an der Mietsache, so ist dieser gegenüber der GbR fehlerhaft. An einer für die einstweilige Verfügung erforderlichen Eilbedürftigkeit fehlt es nicht schon dann, wenn der Vermieter den Besitz an einen Nachfolgemieter weitergegeben hat. B. Sachverhalt (gekürzt) K betrieb zusammen mit C eine Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR in Praxisräumen, die sie zum Zwecke der gemeinschaftlichen Nutzung von B angemietet hatten. Als K längerfristig erkrankte, teilte C der B mit, dass er die Praxis nun alleine führe und alleine für die Kosten aufkäme. C sprach weiterhin die fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrages aus – C und K befinden sich seitdem in einem Rechtsstreit auf Auseinandersetzung. Aufgrund ausbleibender Mietzahlungen sprach B am 28.01.2019 die außerordentliche fristlose Kündigung aus und verlangte die Räumung der Mietsache spätestens bis zum 31.01.2019. Besagtes Kündigungsschreiben fand K am 30.01.2019 im Briefkasten der Praxis vor, woraufhin K dem C schriftlich mitteilte, dass er an der Übernahme der Praxisräume interessiert sei. Ebenfalls am 28.01. unterzeichnete B einen Mietvertrag mit D. Diesem verschaffte B unter Mithilfe des C Zugang zu den Räumlichkeiten, wobei C für die GbR auftrat. K begehrt i.R.e. einstweiligen Verfügung Wiedereinräumung des Besitzes an ihn bzw. an die GbR. C. Anmerkungen Eigene Besitzschutzansprüche gegen B hat K mangels eigenen Besitzverlustes nicht. Zentraler Streitpunkt des in Frage stehenden Anspruchs der GbR gegen B gem. § 861 Abs. 1 BGB ist das Vorliegen einer verbotenen Eigenmacht i.S.d. § 858 Abs. 1 BGB. Da K und C die tatsächliche Sachherrschaft über die Räume i.R.d. Gemeinschaftspraxis und damit als Organe für die GbR ausübten, war die GbR unmittelbare Besitzerin. Folglich kommt es bei der Bewertung, ob B „ohne den Willen“ des Besitzers i.S.d. § 858 Abs. 1 BGB handelte, auf den Willen der GbR an. Die GbR konnte seit Beginn der Auseinandersetzung gem. §§ 709, 714, 730 Abs. 2 S. 2 BGB lediglich gemeinschaftlich durch K und C vertreten werden. Da der K seinen Willen zur Besitzaufgabe nicht äußerte und C insofern alleine handelte, hat die GbR keinen wirksamen Willen zur Besitzaufgabe gefasst. Insb. war C auch nicht im Wege der Notgeschäftsführung gem. § 744 Abs. 2 BGB analog zur Abwendung eines durch die unterlassene Räumung entstandenen Schadensersatzanspruchs berechtigt, da er K rechtzeitig von dem Mietrückstand sowie von der Aufforderung zur Räumung hätte berichten können. Auch die außerordentliche fristlose Kündigung der B genügt nicht, um eine Berechtigung zur Übertragung des Besitzes an den Geschäftsräumen zu begründen (§§ 546 Abs. 2, 542 Abs. 2 Nr. 2, 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BGB). B hätte einen entsprechenden Vollstreckungstitel erwirken müssen (§§ 704ff. ZPO). Darüber hinaus bestätigte das OLG in seinem Urteil, dass das Vorliegen einer verbotenen Eigenmacht ausreicht, um eine besondere Eilbedürftigkeit i.S.d. §§ 935, 940 ZPO zu bejahen. Dem stand nach Einschätzung des OLG auch die bereits erfolgte Weitergabe des Besitzes nicht ausnahmsweise entgegen. D. In der Prüfung Anspruch aus § 861 Abs. 1 BGB I. Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht: (P) Besitzaufgabewille II. GbR war Besitzer III. Fehlerhafter Besitz der B IV. Kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB V. Kein Erlöschen nach § 864 BGB E. Zur Vertiefung Omlor/Gies, Der Besitz und sein Schutz im System des BGB, JuS 2013, 12; Weiterführend zum Gesellschaftsrecht: Mock, Die Gesellschafterklage (actio pro socio), JuS 2015, 590. Entscheidung-der-Woche-17-2020 .pdf PDF herunterladen • 94KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 41-2024 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 41-2024 (ÖR) Maximilian Moll Jenseits der spezifischen Statusrechte der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und daraus abgeleitet der Fraktionen gilt der Grundsatz der formalen Gleichheit. Daraus leitet sich ein Recht auf Gleichbehandlung ab. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BVerfG, Urt v. 18.09.2024 - 2 BvE 1/20 u.a. Fundstelle : https://www.bverfg.de/e/es20240918_2bve000120.htm A. Orientierungs - oder Leitsätze 1. Jenseits der spezifischen Statusrechte der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und daraus abgeleitet der Fraktionen gilt der Grundsatz der formalen Gleichheit. Daraus leitet sich ein Recht auf Gleichbehandlung ab. 2. Dieser verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsanspruch findet seinen Ausdruck im Recht der Abgeordneten und der Fraktionen auf eine faire und loyale Auslegung und Anwendung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Der Gleichbehandlungsanspruch erstreckt sich daher - als Teilhabeanspruch - auch auf Beteiligungsrechte, die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eingeräumt werden und über die unmittelbar in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG wurzelnden spezifischen Statusrechte hinausgehen. 3. Einschränkungen der spezifischen Statusrechte der Abgeordnete und der Fraktionen durch die Geschäftsordnung unterliegen besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen. Sie müssen dem Schutz anderer Rechtsgüter von Verfassungsrang dienen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. 4. Geht es demgegenüber allein um den formalen Status der Gleichheit der Abgeordneten in Form der Teilhabe an Rechtspositionen, die erst die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages einräumt, findet eine verfassungsrechtliche Überprüfung lediglich dahingehend statt, ob die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung oder ihre Auslegung und Anwendung jedenfalls nicht evident sachwidrig und damit willkürlich sind. B. Sachverhalt Bei der Wahl zum 17. Bundestag zog die „Alternative für Deutschland" (AfD) erstmals in den Deutschen Bundestag ein. Den Fraktionen anteilig zu ihrer Mandatszahl die Besetzung von Ausschussvorsitzen zu. Die Verteilung der Ausschussvorsitze erfolgt nach parlamentarischer Tradition in einem Zugriffsverfahren. Die AfD-Fraktion entschied sich im Rahmen dieses Verfahrens für die Ausschüsse „Inneres und Heimat", „Gesundheit", „Recht und Verbraucherschutz", sowie „wirtschaftliche Zusammenarbet und Entwicklung". Allerdings wird, außer im Rechtsausschuss, kein Kandidat der AfD zum Ausschussvorsitzenden gewählt. Weiterhin wird am 13.11.2019 der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Stephan Brandner, abgewählt. Begründet wird dies mit einer Aussage Brandners zum Anschlag auf eine Synagoge in Halle. C. Anmerkungen Das Bundesverfassungsgericht erkennt zurecht, dass die Fraktionen zwar einen Anspruch auf spiegelbildliche Besetzung der Ausschüsse haben, nicht aber einen Anspruch auf die Besetzung von Ausschussvorsitzen. Bei den Ausschussvorsitzen handelt es sich nicht um spezifische Statusrechte der Abgeordneten oder der Fraktionen, sondern um durch die Geschäftsordnung eingeräumte Teilhaberechte. Diese sind einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nur beschränkt zugänglich, sodass der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab sich auf die faire und loyale Auslegung und Anwendung der GO-BT und das Willkürverbot begrenzte. Dass zur Bestimmung der Ausschussvorsitze Wahlen durchgeführt werden, liegt im Rahmen der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG. Der Zweite Senat konnte durch die per Mehrheitswahl verweigerten Posten keine Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung der Abgeordneten aller Fraktionen aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der fairen und loyalen Auslegung und Anwendung der GO-BT erkennen. Zwar könne sich die AfD-Fraktion auf das Recht auf Gleichbehandlung bei der Besetzung der Ausschussvorsitze stützen, allerdings bestehe keine Verpflichtung der Ausschussmitglieder, eine bestimmte Person zum Vorsitzenden zu wählen. Dass die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages für die Abwahl eines Ausschussvorsitzenden keine Regelung enthält, beanstandet das Bundesverfassungsgericht nicht. Die Bestimmung eines Ausschussvorsitzenden durch Mehrheitswahl enthält auch die Möglichkeit, diesen auf Antrag auch abzuwählen. Im vorliegenden Fall stellte der Zweite Senat fest, dass die Abwahl in einem geordneten Verfahren und hinreichend sachlich begründet war. Es lag somit kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. D. In der Prüfung Organstreitverfahren I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit des BVerfG 2. Ordnungsgemäßer Antrag 3. Beteiligungsfähigkeit/Parteifähigkeit 4. Antragsgegenstand 5. Antragsbefugnis 6. Antragsgegner 7. Antragsfrist 8. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis II. Begründetheit (P) Verletzung der Rechte der Antragstellerin aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG E. Literaturhinweise BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 18. September 2024 (2 BVE 1/20), https://www.lto.de/persistent/a_id/55436 (abg erufen am: 30.09.2024) Entscheidung der Woche 41-2024 .pdf PDF herunterladen • 1.76MB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 18-2019 (ÖR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 18-2019 (ÖR) Btissam Boulakhrif Ist die Jahresfrist für die Rücknahme oder den Widerruf eines Subventionsbescheides verstrichen, so steht dies einer erst danach verfügten Aufhebung des Verwaltungsakts entgegen. Aktenzeichen und Fundstelle Az.: BVerwG 10 C 5.17 in: bundesverwaltungsgericht.de A. Orientierungs- oder Leitsatz Ist die Jahresfrist für die Rücknahme oder den Widerruf eines Subventionsbescheides verstrichen, so steht dies einer erst danach verfügten Aufhebung des Verwaltungsakts entgegen. Daran ändert es nichts, wenn die Behörde nach Fristablauf - etwa auf den Widerspruch des Betroffenen hin - erneut Ermittlungen aufnimmt oder ihr Ermessen erneut ausübt. B. Sachverhalt Klägerin U betrieb ein Unternehmen, welches den Betrieb einer Pension und eines Hotels umfasste, die durch das Elbhochwasser geschädigt wurden. Auf ihren Antrag hin wurden ihr durch die Sächsische AufbauBank (SAB) Subventionen zur Beseitigung der Schäden zwischen 2002 und 2003 bewilligt. 2005 legte die Klägerin die entsprechenden Verwendungsnachweise vor, welche nach erfolgter Prüfung im April 2007 beanstandet wurden. Im Juli 2008 wurde ein Erörterungstermin abgehalten. Zum September 2008 sollte U ergänzende Nachweise nachreichen, welchem U nicht nachkam. Im September 2010 hatten sich die erforderlichen Zuwendungsbeträge reduziert, sodass die SAB eine Rückerstattung forderte. Diesem widersprach die Klägerin u.a. mit dem Hinweis auf das Verstreichen der Jahresfrist. C. Anmerkungen Das Oberverwaltungsgericht entschied insbesondere, dass dem Widerruf der SAB die Jahresfrist aus § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 3 S. 2 und § 48 Abs. 4 VwVfG zugrunde liegt. Eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, zulässig. Anwendung findet diese Bestimmung, wenn die Behörde die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts nachträglich erkennt. Für den Beginn der Frist ist der Zeitpunkt erheblich, zu welchem die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Entsprechendes gilt gemäß § 49 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 VwVfG für den Widerruf eines Verwaltungsakts, wobei es hier auf die vollständige Kenntnisnahme der Behörde vom Widerrufsgrund und ebenso von den für die Widerrufsentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen ankommt. Vollständige Kenntnisnahme liegt vor, wenn die Behörde in der Lage ist, über die Rücknahme oder den Widerruf ohne weitere Sachaufklärung objektiv, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens zu entscheiden. Die Jahresfrist beginnt aber auch bereits dann zu laufen, wenn die Sache bei Anlegung eines objektiven Maßstabes zur Entscheidung reif ist, unabhängig davon, dass die Behörde weitere Schritte zur Sachaufklärung unternimmt, die objektiv nicht mehr erforderlich sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert oder doch im Sinne eines „intendierten“ Ermessens gebunden ist. Durch den Erörterungstermin und die verstrichene Frist zur Nachreichung der ergänzenden Nachweise durch U war die Sache im September 2008 entscheidungsreif. Zu diesem Zeitpunkt hatte die SAB Kenntnis von allen Tatsachen. Dem steht auch nicht das Einschalten eines Anwalts durch U entgegen, der um Akteneinsicht bat. Es bestand kein Anlass dafür, auf eine Stellungnahme des Anwalts zu warten und die Behörde hätte zumindest eine solche erbeten müssen. Insbesondere kann eine erneute Sachprüfung die Jahresfrist nicht wieder erneut beginnen lassen. D. In der Prüfung B. Begründetheit I. Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Subventionsbescheids 1. Ermächtigungsgrundlage 2. Formelle Rechtmäßigkeit 3. Materielle Rechtmäßigkeit a. Rechtmäßigkeit des Subventionsbescheides b. Voraussetzungen von § 49 VwVfG aa. Widerrufsgrund des § 49 Abs. 3 VwVfG bb. Widerrufsfrist des § 49 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG c. Rechtsfolge E. Zur Vertiefung n.v. Entscheidung-der-Woche-18-2019 .pdf PDF herunterladen • 243KB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 24-2021 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 24-2021 (ZR) Patrick Glatz Dem Mandanten steht nach einer durch ein vertragswidriges Verhalten des Rechtsanwaltes veranlassten Kündigung ein Schadensersatzanspruch nur zu, wenn das vertragswidrige Verhalten des Rechtsanwaltes einen wichtigen Kündigungsgrund bildet und die insoweit zu beachtende Kündigungsfrist von zwei Wochen gewahrt ist. Aktenzeichen & Fundstelle Az. BGH IX ZR 298/19 in: NJW 2020, 2538 (m. Anm. Deckenbrock) BeckRS 2020, 17493 VersR 2020, 1189 A. Orientierungs- oder Leitsatz Dem Mandanten steht nach einer durch ein vertragswidriges Verhalten des Rechtsanwaltes veranlassten Kündigung ein Schadensersatzanspruch nur zu, wenn das vertragswidrige Verhalten des Rechtsanwaltes einen wichtigen Kündigungsgrund bildet und die insoweit zu beachtende Kündigungsfrist von zwei Wochen gewahrt ist. B. Sachverhalt Im hier anzumerkenden Fall hatte eine Mandantin ihren Rechtsanwalt auf Schadensersatz gem. § 628 Abs. 2 BGB verklagt. Der Rechtsanwalt war zunächst mit der Prozessführung in einem anderen Prozess beauftragt. Dabei bot er seiner Mandantin mehrfach an eine Auftrags- und Vergütungsvereinbarung zu unterschreiben, mit der eine Recherchehilfe und banktechnische Kompetenz zu diesem Verfahren hinzugezogen werden sollte. Der Rechtsanwalt verschwieg dabei, dass die angesonnene Dienstleistung durch die Firma seiner Frau erbracht werden sollte. Bestandteil der Vergütungsvereinbarung war eine Beteiligung von 16 % an der erstrittenen Schadensersatzforderung. Gleichwohl hatte die in dem Prozess beklagte Partei bereits in Aussicht gestellt sich bei 60% der Schadensersatzforderung vergleichsweise zu einigen. Nach mehrmaligem Auffordern des Rechtsanwalts die Vergütungsvereinbarung doch zu unterzeichnen, kündigte die Mandantin dem Rechtsanwalt das Mandat und suchte sich neue Prozessbevollmächtigte. Die Mandantin verlangt nun Schadensersatz der Mehrkosten die durch den Anwaltswechsel entstanden sind. C. Anmerkungen Auf den ersten Blick mag sich dieser Fall nach dem Lehrbuchbeispiel für die fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung nach § 627 Abs. 1 BGB anhören. Kern des hier besprochenen Urteils des BGH ist aber vielmehr der § 628 BGB, der die aus der fristlosen Kündigung nach § 626 BGB oder § 627 BGB erfolgten Schadensersatzfolgen regelt. Der BGH nimmt den hier anzumerkenden Fall zum Anlass die Reichweite und das Verhältnis des § 626 BGB und § 628 Abs. 2 BGB zu klären. Voraussetzung für den Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB wäre, nach BGH, in diesem Fall gewesen, dass zum einem dem Rechtsanwalt ein Auflösungsverschulden zu Last gelegt werden kann, dass die Schwelle des § 626 BGB überschreitet, und zum anderen, dass die Mandantin bei ihrer Kündigung die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB beachtet. Der BGH präzisiert hier in seinem Urteil noch nach und verweist darauf, dass die Schadensersatzfolge des § 628 Abs. 2 BGB zwingend mit der Ausschlussfrist des § 626 BGB verknüpft ist. Dies hat zur Folge, dass bei Säumnis dieser Frist das Recht auf außerordentliche Kündigung endet. Begründet wird dies damit, dass nach Ablauf dieser Zeit die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses entfällt. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, kann daher nach Ende dieser Frist ein Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB nicht mehr geltend gemacht werden. Der BGH stellt weiterhin klar, dass § 628 Abs. 2 BGB gerade nicht als Auffangtatbestand für misslungene außerordentliche Kündigungen genutzt werden könne, denn die eingeführte Ausschlussfrist in § 626 Abs. 2 BGB habe auch zu einer zeitlichen Einengung für den Schadensersatz geführt, mit der Folge, dass bei Nichtwahren der Zwei-Wochen-Frist der Anspruch auf Schadensersatz verloren geht. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist daher auch bei der Prüfung des Schadensersatzes nach § 628 Abs. 2 BGB im Falle einer außerordentlichen Kündigung nach § 627 BGB zu prüfen. Dieser Fall eignet sich in seiner Kürze daher sehr gut noch einmal die Voraussetzungen der Kündigung nach § 626 BGB oder § 627 BGB, sowie die Schadensersatzfolge nach § 628 Abs. 2 BGB zu wiederholen. Die Kündigung von Mandatierungen und der daraus folgende Schadensersatz sind zwar in dem vor dem BGH gelandeten Fall nicht bejaht worden. Denkbar sind aber auch Examensfälle, die die Kündigungen eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit einem Rechtsanwalt zum Gegenstand haben, soweit die Schwelle des gewichtigen Grundes nach § 626 BGB überschritten worden ist. D. In der Prüfung I. § 628 Abs. 2 BGB 1. Wirksame außerordentliche Kündigung a.) § 626 BGB aa) Wirksames Dienstverhältnis bb) Wirksame Kündigungserklärung cc) Kündigungsfrist dd) Wichtiger Grund 2. Vertragswidriges Vorverhalten das zur Kündigung berechtigt 3. Ergebnis E. Zur Vertiefung Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 45. Auflage, Kapitel 3; BGH, Az. IX ZR 298/19, NJW 2020, 2538 (m. Anm. Deckenbrock); Alexander, Leistungsstörungen im Dienstvertrag, JA 2015, 321. Entscheidung-der-Woche-24-2021 .pdf PDF herunterladen • 2.02MB Zurück Nächste

  • Entscheidung der Woche 38-2020 (ZR) | Hanoverlawreview

    Entscheidung der Woche 38-2020 (ZR) Patrick Glatz Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass es bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet... Aktenzeichen & Fundstelle Az.: BGH – VIII ZR 315/18 in: BeckRS 2020, 13134 A. Amtliche Leitsätze (Auszug) Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass es bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre (Bestätigung von BGH, Urteile vom 18.Oktober 2017 -VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 26; vom 30.Oktober 2019 -VIII ZR 69/18, NJW 2020, 389 Rn. 25; jeweils mwN). B. Sachverhalt (verkürzt & vereinfacht) Die K erwarb am 05.10.2013 von der B bei einer Pferdeauktion den fünf Jahre alten Wallach „Santiano K“ für 31.7733,19 EUR zur Nutzung als Sportpferd. Die Tochter der K, eine ausgebildete Pferdewirtin und -ausbilderin bildete das turniererfahrene Pferd weiter aus, um es auf den Leistungsstand der Klasse L zu bringen, an dem es im Mai 2014 an einer Dressurprüfung teilnahm. Dem Dezember 2014 folgend, erklärte die K ggü. der B mit anwaltlichem Schreiben, dass das Pferd Rittigkeitsprobleme aufweise die auf sog. verengten Dornfortsätzen der Wirbelsäule (Kissing Spines) beruhten. Die K begehrt nun Rücktritt vom Kaufvertrag. C. Anmerkungen Der BGH hatte erneut die Gelegenheit Stellung zum Mängelgewährleistungs- und Rücktrittsrecht beim Tierkauf zu nehmen. Erneut ist der Anlass der Kauf eines Sportpferdes. Das umfangreiche Urteil, bestehend aus insgesamt acht amtlichen Leitsätzen, hat dabei seinen Schwerpunkt bei der Frage, ab wann ein Sachmangel vorliegt. Der Senat bekräftigt dabei seine Rechtsprechung, dass die übliche Beschaffenheit eines Reitpferdes nicht in jeder Hinsicht einer biologischen und physiologischen „Idealnorm“ zu entsprechen hat. Vielmehr müsse beachtet werden, dass es sich bei Pferden um Lebewesen handelt, die einer ständigen Entwicklung unterliegen und mit individuellen Anlagen ausgestatten sind, die mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sind. Für diese Risiken hat der Verkäufer nicht einzustehen, soweit diese Eigenschaft nicht besonders vereinbart ist. Daraus folgt auch, dass den Verkäufer nur die Pflicht trifft ein Pferd zu verschaffen, das bei Gefahrübergang nicht krank ist oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es nicht erkranken wird, sodass es sich für die gewöhnliche und Verwendung eignet. Tritt dennoch eine, wie in diesem Fall vorliegende Krankheit auf, die nicht in den Pflichtenkreis des Verkäufers fällt, realisiert sich ein natürliches aus der Art der Sache als Reitpferd resultierendes Risiko. Ein Studium des gesamten Urteils empfiehlt sich, da der BGH auch Stellung zu der Frage nimmt, wann die Beweislastumkehr des § 476 a.F. (jetzt § 477) greift; eine Auslegung die auch für den § 477 BGB von Bedeutung ist. D. In der Prüfung A. Anspruch aus §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, § 326 Abs. 5 BGB I. Wirksamer KV (+) II. Mangel (P) 1. Vereinbarte Beschaffenheit (-) 2. Gewöhnliche Beschaffenheit (P) 3. Vertraglich vorausgesetzte Verwendung (P) III. Maßgeblicher Zeitpunkt IV. Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung V. Kein Ausschluss VI. Rücktrittserklärung, § 349 BGB VII. Keine Einrede der Unwirksamkeit, § 438 Abs. 4 S. 1 BGB VIII. Ergebnis E. Zur Vertiefung Looschelders, JA 2020, 703; Zum Tierkaufrecht: Al Hakim/Behrens, Pferdeauktion, HanLR 2020, S. 73ff; Zum Rücktrittsrecht: Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, § 47. Entscheidung-der-Woche-38-2020 .pdf PDF herunterladen • 174KB Zurück Nächste

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